Die weißen Rathaus-Elefanten
Der Spott ließ nicht lange auf sich warten: "Der neue freiheitliche Vizebürgermeister Johann Gudenus ist jetzt der teuerste Arbeitslose Österreichs", ätzt der grüne Abgeordnete Peter Pilz auf Twitter. Wie berichtet, steht der FPÖ nach ihrem Mandatszuwachs auch als Oppositionspartei ein Vizebürgermeister zu. Ein eigenes Ressort wird Gudenus nicht bekommen. Dafür ein sattes Gehalt von 9441 Euro pro Monat. Nach Erhard Busek (ÖVP, 1978 bis 1987) ist er erst der zweite Politiker, der dieses kuriose Amt bekleidet.
Und es ist nicht das einzige im Wiener Rathaus: Mit Gudenus’ Karrieresprung kocht jetzt auch die Debatte um die Abschaffung der nichtamtsführenden Stadträte der Oppositionsparteien wieder hoch. In der nächsten Regierung werden voraussichtlich die drei Freiheitlichen David Lasar, Eduard Schock und Toni Mahdalik diesen 8500-Euro-Posten bekleiden, seitens der ÖVP der neue Parteichef Gernot Blümel – sofern es die ÖVP nicht doch in die Regierung schafft.
Einmal mehr fordert jetzt SPÖ-Klubobmann Rudi Schicker die Streichung dieses Amts. "Das Stimmverhalten der nichtamtsführenden Stadträte hat null Auswirkungen, gleichzeitig sind sie relativ gut bezahlt." Auch Grüne und Neos sind für eine Abschaffung. Der Haken: Dafür braucht es eine Änderung der Bundesverfassung mittels Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat. "Die dortige ÖVP ist aber dagegen", sagt Schicker. Allerdings hatte zuletzt im zuständigen Ausschuss auch der SPÖ-Abgeordnete Otto Pendl verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet.
Blaue wollen Ressorts
Die FPÖ will sich ihre Stadträte nicht wegnehmen lassen. Vielmehr sollen auch sie ein eigenes Ressort bekommen. "Für mich werde ich das Sicherheitsressort einfordern", kündigt Gudenus für das heutige Gespräch der FPÖ mit Bürgermeister Michael Häupl an. Auch dieser soll ein Ressort übernehmen, fordern die Blauen. Schicker hält davon nichts: "Der Wiener Bürgermeister soll über den Dingen stehen. Seine Koordinierungsarbeit ist viel aufwendiger als jene der Landeshauptleute in anderen Ländern, da Wien ja Land und Stadt zugleich ist." Und auch eine Stadtregierung mit amtsführenden Stadträten aus allen Parteien sei extrem schwer zu koordinieren.
Mehr Kontrolle
Die Wiener ÖVP wiederum kann sich grundsätzlich eine Abschaffung der nichtamtsführenden Stadträte vorstellen. Im Gegenzug müssten aber die Kontrollrechte der Opposition ausgebaut werden, da die Stadträte Zugang zu wichtigen Unterlagen hätten. Doch auch das lässt Schicker nicht gelten: "Es gibt keine, zu denen nicht auch die Klubs Zugang hätten."
Es könnte also noch dauern, bis die weißen Elefanten in der Wiener Stadtregierung Geschichte sind. Vielleicht kommen demnächst sogar noch einige dazu. Die SPÖ könnte eine Vergrößerung der kommenden Regierung anstreben, um den wahlbedingten Verlust eines Stadtrats auszugleichen. Dann würde automatisch die Zahl der Stadträte ohne Geschäftsbereich steigen.
Mehr zur Wien-Wahl
Die skurrile Debatte über den Sinn und Unsinn von arbeitslosen Stadträten bringt besonders die FPÖ in Bedrängnis. Die Wahl ist geschlagen. Höchste Zeit, sich mit den wichtigen Dingen in der Stadt zu beschäftigen. Zum Beispiel die Belebung des Wirtschaftsstandortes und Arbeitsmarktes. Hier wäre ein Zeichen der Zeit, über jene Jobs zu entscheiden, die keiner braucht. Das sind zum Beispiel die nichtamtsführenden Stadträte, die von der Opposition gestellt werden. 8500 Euro pro Monat für ein Null-Ressort: Wer braucht das?
Die FPÖ steckt hier in der Zwickmühle. Die Argumentation, man brauche diese Funktionen, um Häupl & Co. auf die Finger zu schauen, reicht nicht mehr aus. Besonders den „anständigen FPÖ-Wählern“ ist diese schiefe Optik kaum noch zu erklären. Am Dienstag forderten daher die Blauen, den arbeitslosen Politikern doch Agenden zuzuweisen. Was de facto der Rückfall in ein veraltetes Proporz-System wäre.
Die Wiener Politik sollte dieses skurrile Demokratie-Kapitel endlich abschließen. Und sich den wichtigen Dingen in der Stadt zuwenden.
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