Wie kam die Zahl zustande?
Im Rechenbeispiel des Ministeriums, das auf KURIER-Anfrage übermittelt wurde, steht, dass ein asylberechtigtes Ehepaar mit drei Kindern monatlich 4.029,86 Euro beziehen würde, was einer jährlichen Summe von 48.348 Euro entspreche. Hinzu käme noch eine Befreiung der ORF- und der Rezeptgebühr sowie ein Kulturpass und ein Mobilpass, was jährlich fast 50.000 Euro ergebe.
Darunter wird eine "Ersparnis für die Staatskassen" aufgelistet, wenn beide Elternteile arbeiten: "Keine Sozialhilfe" würde eine Ersparnis von 50.000 Euro jährlich ergeben, Steuereinnahmen würden rund 28.000 Euro jährlich bringen. So komme man auf einen Saldo von 78.000 Euro pro Jahr.
(Vermeintliches) Fazit: Während die eine Familie Kosten in Höhe von 50.000 Euro verursacht, würde die andere Familie dem Staat 78.000 Euro ersparen bzw. bringen.
Allerdings gibt es da einen Fehler: In die 50.000 Euro für die Asyl-Familie sind sowohl Familienbeihilfe als auch Mietbeihilfe eingerechnet. Zumindest Familienbeihilfe erhält ja auch ein arbeitendes Ehepaar, deshalb geht die Jahresersparnis von 50.000 Euro, die das Ministerium angibt, so nicht auf.
In der Aufstellung aus der Fachabteilung in Wien bekommt die Asyl-Familie mit drei Kindern monatlich 2.780,76 Euro. Plus Maximalbetrag der Mietbeihilfe von 727,60 Euro (bei Mietkosten von 1.150 Euro) kommt man hier auf maximal 3.508,36 Euro monatlich. Nachdem die Mindestsicherung nur zwölf Mal ausbezahlt wird, beträgt die jährliche maximale Leistung rund 42.000 Euro.
Übrigens könnte die Familie mit den arbeitenden Eltern auch Mindestsicherung beziehen - als Ergänzungsleistung - und Mietbeihilfe. Sie hätte dann jährlich 48.700 Euro zur Verfügung. Plus Familienbeihilfe freilich mehr.
Im Schnitt 1.377 Euro für fünfköpfige Familie
Hinzu kommt laut Fachabteilung, dass kaum jemand den Maximalbetrag ausbezahlt bekommt. Durchschnittlich gab es pro Haushalt in Österreich 802 Euro pro Monat an Mindestsicherung (ein Großteil der Bezieher erhalten ja nur Ergänzungszahlungen zu einem zu niedrigen Einkommen). Wien liegt mit 805 Euro leicht über dem Österreich-Schnitt. Am höchsten ist die Durchschnittszahlung mit 921 Euro in Vorarlberg.
Um das Beispiel aus dem Integrationsministeriums noch einmal aufzugreifen: Ein Paar mit drei Kindern bekommt in Österreich durchschnittlich 1.355 Euro, in Wien sind es 1.377 Euro.
Debatte um hohe Sozialhilfe in Wien
Logisch ist: Eine Familie, in der die Eltern arbeiten und Steuern zahlen, kommt dem Staat günstiger als eine Familie, die Sozialhilfe bezieht.
Das Integrationsministerium weist darauf hin, dass Drittstaatsangehörige, insbesondere aus Fluchtherkunftsländern, überdurchschnittlich oft und lang auf Sozialhilfe angewiesen seien. Deshalb pocht ÖVP-Ministerin Plakolm auf Integrationsmaßnahmen wie Deutschkurse, um diese Menschen auf den Arbeitsmarkt zu bringen.
Bekannt ist auch, dass in Wien die Mindestsicherung für kinderreiche Familien höher ist als in anderen Bundesländern. Während dort mit steigender Kinderanzahl pro Kopf weniger gezahlt wird, gibt es in Wien für jedes Kind den gleichen Betrag. Die Debatte ist im Sommer des vorigen Jahres hochgekocht (mehr dazu hier). Damals gab es Aufregung um eine syrische Familie mit sieben Kindern, die monatlich 4.600 Euro bezieht.
Provokation
Dass das ÖVP-geführte Ministerium jetzt wieder Zahlen auf den Tisch legt, führt man im Wiener Rathaus auf den Wahlkampf-Endspurt zurück. Auf derlei Provokationen, heißt es trocken, werde man aber nicht einsteigen.
Angemerkt wird nur: "Die SPÖ Wien hat sich in den Regierungsverhandlungen dafür eingesetzt, die Sozialhilfe österreichweit zu vereinheitlichen. Allen ist klar, dass neun verschiedene Systeme in neun Bundesländern nicht sinnvoll sind."
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