Wieder aufgesperrt: Schulöffnung "mit Hausverstand“

Einen "guten Tag für die Schule" nannte Faßmann diesen Montag
Bildungsminister Faßmann will Maskenpflicht vorerst nicht aufheben. Lehrer klagen über Bürokratie

Etwa 350.000 Schülerinnen und Schüler hatten am Montag nach dem neunwöchigen Lock-down wieder Unterricht unter besonders strengen Hygiene- und Distanzregeln. Die Schulöffnung betraf alle Volksschulen, alle Mittelschulen und die AHS-Unterstufe. Damit die Regeln, die Infektionen mit dem Coronavirus verhindern sollen, auch eingehalten werden können, hatte sich das Bildungsministerium entschlossen, alle Klassen zu teilen.

Schulbeginn ohne Schultüte aber mit Maske

Heute, Dienstag, wird die zweite Gruppe von 350.000 Schülern kommen. Faßmann zeigte sich vom zweiten, ersten Schultag in diesem Schuljahr erfreut. Wobei der Bildungsminister bei einem Lokalaugenschein an einer nö. Volksschule meinte: „Ich bin ganz realistisch: In Schulen wie dieser wird vielleicht alles nicht ganz so 100 Prozent stattfinden. Aber das, glaube ich, kann man akzeptieren, denn das, was man dafür bekommt, ist viel mehr wert.“

Überdies habe sich gezeigt, „dass die Schule nicht der Ort der deutlichen signifikanten Verbreitungen des Virus ist“, verwies er auf Studien aus Skandinavien. Er bitte jedenfalls, „all diese Dinge mit einem gewissen Hausverstand“ anzuwenden.

Erhoben wird derzeit noch, ob überhaupt alle schulpflichtigen Schüler gekommen sind. Der Minister hatte es den Familien mehr oder minder freigestellt, ob sie ihre Kinder in die Schule schicken wollen. Sofern das Schulkind selbst oder jemand aus der Familie zur Risikogruppe gehören, reicht eine Bestätigung an die Schulleitung. Noch in der vergangenen Woche ging Faßmann davon aus, dass rund sieben Prozent der Kinder nicht kommen werden: Diese Zahl leitet das Ministerbüro aus regelmäßig durchgeführten Befragungen von Familien schulpflichtiger Kinder ab.

Direktoren-Protest

Zwar wurden am Montag aus den Schulen keine großen Probleme gemeldet, jedoch gibt es Proteste seitens der Pädagogen über die Datensammelwut des Ministeriums. „Wir haben größtmögliches Verständnis für äußerst knappe Planungsvorgaben und sich nachträglich ändernde gesetzliche Vorgaben gezeigt. Für uns alle ist die Krise eine noch nie da gewesene Herausforderung“, schreiben die Sprecherin der Gymnasien und der Sprecher der BMHS, Isabella Zins und Franz Reithuber, in einem offenen Brief an Bildungsminister Faßmann. Ihr Appell: „Bitte stoppen Sie das Monitoring!“

Erst vergangenen Freitag sei eine dringend neue Evaluierung allen Schulen aufgetragen worden, dabei hätten die Schulen und deren Leiter derzeit ausreichend mit dem Hochfahren des Schulbetriebs zu tun. Es erschließe sich den Pädagogen nicht, was das „Abzählen der pro Tag an der Schule An- oder Abwesenden im Fall einer Infektion bringen“ sollte, ebenso wenig wie die Bekanntgabe, welche Lehrer welche Schüler in welchem Raum unterrichten, da dies ohnehin täglich von den Schulverwaltungsprogrammen automatisch erfasst werde.

Damit nicht genug, haben Wiener AHS-Direktoren ebenfalls einen offenen „Video-Brief“ an Faßmann gerichtet, und dessen Corona-Management als „Griff ins Klo“ bezeichnet. Kritisiert wird konkret eine „schlechte Kommunikation und widersprüchliche Verordnungen“. Die Schulautonomie werde den Schulen nur bei „unangenehmen Entscheidungen“ zugestanden.

Das Bildungsministerium konterte dem scharf und empfiehlt den Wiener AHS-Direktoren Nachhilfe. „Das Video zeigt vor allem den Nachschulungsbedarf in Sachen Digitalisierung“, hieß es gegenüber der APA. „Freie Meinungsäußerung und Kritik ist zulässig“, betonte man im Ministerium. „Von Führungskräften erwarten wir uns aber eine sachlichere Auseinandersetzung.“

Vorsichtige Kinder

Aus den Schulen selbst konnte der KURIER in Erfahrung bringen, dass vieles gut vorbereitet war, und kaum Probleme beobachtet wurden: „Wir haben vorab Eltern, Lehrer und Schüler darüber informiert, wie der Ablauf heute ist und worauf zu achten ist. Das ist wohl der Grund, warum heute alles so gut funktioniert hat. Ich habe jeden Schüler einzeln begrüßt und man konnte trotz Maske das freudige Grinsen der Kinder sehen, die froh waren, dass die Schule endlich wieder beginnt. Was mir aufgefallen ist: Die Kinder waren nicht so ausgelassen wie sonst, sondern abwartend, wie jetzt wohl der Schulalltag sein wird. Die Lehrerinnen haben sich sehr gefreut, ihre Kinder wieder sehen zu können“, berichtet etwa Volksschuldirektorin Sonja Schärf-Stangl aus Frohsdorf in NÖ.

NMS-Lehrerin Heidemarie Farokhnia aus Wien-Währing erzählt: "Wir alle - Lehrer und Schüler - waren heute gespannt, wie der Alltag aussehen wird. Viele ist anders: Es gibt nicht das übliche Gewusel in der Schule. Alle  sind vielmehr sehr diszipliniert - man musste ganz selten Kinder daran erinnern, dass sie sich z.B. die Maske aufsetzen oder die Hände waschen. Die Schülerinnen und Schüler wissen nämlich sehr genau über das Virus Bescheid. Auch das alte Lehrerzimmer gibt es nicht mehr, stattdessen sind die Kollegen jetzt in zwei Räumen aufgeteilt. Wir alle müssen uns jetzt an die neuen Bedingungen gewöhnen. Ich bin mir aber ganz sicher: Wir schaffen das!"

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