Hofburg: Eierspeis’ als Eignungstest

Griss musste beantworten, welche Frucht sie gerne wäre.
Die Kandidaten sollen Witze erzählen und selbst absurde Fragen beantworten. Wieso tun sie sich das an?

Als Bundespräsident muss man bei Staatsbanketten diplomatischen Small Talk führen. Man hat zu in- und ausländischen Hymnen staatsmännisch dreinzuschauen – und Militärparaden, Blasmusikkapellen oder Flugzeugtreppen (her-)abzuschreiten. Es gilt, zu den großen Fragen, die das Land und die Welt bewegen, nach reichlicher Abwägung der Sachlage Stellung zu nehmen.

Essensfragen

Als Präsidentschaftskandidat hingegen soll man spontan wissen, ob man ein traditionelles äthiopisches Gericht mit Fingern oder Besteck konsumiert. Es wird geprüft, ob man die chinesische Hymne erkennt. Und man soll Fragen beantworten wie: Angenommen, Sie wären eine Frucht – welche wäre das?

Man könnte auch sagen: Von einem Bundespräsidenten wird allerhöchste Seriosität und staatsmännisches Benehmen erwartet. Wer sich für das höchste Amt im Staat bewirbt, der soll sich davor aber bitte noch einmal ordentlich zum Affen machen.

Fiktives Staatsdinner

Nie zuvor gab es mehr Kandidaten bei einer Bundespräsidentenwahl (1951 waren es schon einmal sechs). Und nie zuvor gab es so viele Termine abseits der klassischen Wahlkampf-Auftritte auf Marktplätzen oder in Betrieben, bei "normalen" Interviews oder Zweier-Konfrontationen im Fernsehen.

Montagabend etwa unterzog der Privatsender Puls4 Irmgard Griss und Richard Lugner dem ersten "Eignungstest" für die Hofburg-Kandidaten. Erste Aufgabe: Einen Witz erzählen. Ein weiterer Teil des Tests: Ein fiktives Staatsdinner in Äthiopien und die Frage: Wie würden Sie das, was auf den Tellern vor Ihnen steht, essen?

Man darf sich als Kandidat auch nicht zu blöd dafür sein, Käsekrainer an Touristen zu verteilen. Oder sich vor 1500 Zusehern von einem Körpersprache-Experten sagen zu lassen, dass man schief sitzt.

Gelassenheit gefragt

Die Herausforderung für die, die derart auf dem Prüfstand stehen, ist klar: Es geht weniger um die richtige Antwort, als darum, jeden Blödsinn möglichst gelassen mitzumachen. Locker soll man sich präsentieren, unverkrampft. Das gelingt nicht immer.

Griss etwa meldete leisen Protest an, als sie in der ORF-Wahlfahrt Nationalhymnen erraten sollte. Die müsse sie für Staatsbesuche kennen, meinte Wahlfahrer Hanno Settele. "Aber ich weiß doch, wo ich bin!", entgegnete Griss. Es war offenkundig, dass sich ihr der Sinn der Aufgabe nicht gänzlich erschloss.

Der Einwand ist berechtigt: Wozu muss man als Bundespräsident Tischmanieren und Hymnen fremder Länder parat haben? Dafür gibt es doch einen Protokollchef. Und was hat das Talent zum Witze-Erzählen mit der Eignung für die Hofburg zu tun?

Vor den Vorhang

"Es ist ein Persönlichkeitswahlkampf, daher gibt es ein größeres Interesse, die Person kennenzulernen, nicht nur die Positionen. Insofern muss man den Vorhang etwas mehr lüften", sagt Stefan Sengl. Der Partner der PR-Agentur The Skills Group hat 2010 die Kampagne für Heinz Fischers Wiederwahl geleitet. Er sagt: "Es gibt einen Punkt, an dem man eine Grenze ziehen muss, auch in Hinblick auf die Würde des Amtes." Dieser Punkt sei im aktuellen Wahlkampf noch nicht erreicht. Für die Kandidaten gelte als Faustregel: "Wenn man das Gefühl hat, ,Das bin ich gar nicht mehr‘, sollte man es nicht machen."

Kandidaten-Klage

Die Kandidaten selbst finden so manches nicht mehr lustig. In kleiner Runde klagte jüngst ein Bewerber: "Es ist seltsam, wenn ein ehemaliger und ein amtierender Nationalratspräsident, die frühere OGH-Präsidentin und ein Ex-Minister genötigt werden, Witze zu erzählen oder gefragt werden, welches Obst sie gern wären. Aber du kommst da nicht aus – was sollst machen? Von der Bühne gehen?" Natürlich nicht – stattdessen reißt man sich zusammen und spielt eben mit.

Für Freitag hat die Gewerkschaftsjugend zum "Antrittstest" eingeladen. Es geht um "Aufgaben, die Lehrlinge vor Antritt in die Lehre lösen müssen", zum Beispiel: Eine Eierspeise kochen. Rudolf Hundstorfer, Griss und Lugner haben bereits zugesagt.

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