In ihrem neuen Buch „Wendepunkte“ macht die Mitgründerin der Neos klar, warum sie sich in der ÖVP vom Beginn nie so richtig zu Hause fühlte. Es gehe um Parteipolitik im schlechten Sinn. Politik, die von „ältere Herren in Lodenanzügen“ gemacht werden; in der „Proporz und Parteifilz“ im Mittelpunkt stehe; die sich nicht um Inhalte oder sachliche Argumente kümmerten, sondern vor allem um die Frage, ob etwas der eigenen Partei schadet.
So wollte Beate Meinl-Reisinger nicht Politik machen. Wie es dazu kam, dass sie vor mehr als zehn Jahren mit Matthias Strolz und anderen die Neos gegründet hat, gehört zu den interessantesten Details ihrer Wegpunkte.
Wenn der Optimismus auf die Probe gestellt wird
Abgesehen davon ist das Buch ein Problemaufriss der jüngeren Zeitgeschichte. Wo in Politik, Bildung und Gesellschaft die Probleme liegen, das erörtert und skizziert sie bisweilen gewandt und unterhaltsam. Wenn die dreifache Mutter sie über die Gefahren der Sozialen Medien spricht, bringt sie Vergleiche wie folgenden: „Wenn an unseren Schulen Flyer von Scientology verteilt würden, stünden wir als Eltern dagegen auf. Bei TikTok aber werden Kinder (sowie die überforderten Eltern) oft damit alleingelassen.“
Meinl-Reisinger bezeichnet ihr erstes Buch vor Journalisten auch als Selbsttherapie. Ihr Grundoptimismus sei in den Krisenjahren und von der „toxischen Gemengelage“ auf die Probe gestellt worden. „Eine ganz starke Grundthese ist, dass die gesellschaftliche Mitte politisch und wirtschaftlich erodiert“, sagt sie.
Lösungen statt Scheindebatten
Ob Gendern, Verbrennermotor oder Leitkultur: Politik und Medien würden Scheindebatten führen, statt die Mitte zu stärken und grundsätzlichen Fragen anzugehen. Wie? „Woher künftig unser Wohlstand kommen soll.“ Interessant wird ihre Abhandlung im zweiten Teil, wo nicht die Analyse, sondern politische Lösungen und konstruktiver Dialog im Fokus stehen.
Sie fordert „Enkeltests“ bei politischen und gesetzlichen Maßnahmen, will die demokratischen Institutionen aktiv verteidigen. Dazu gehört unter anderem, dass eine „wöchentliche Demokratiestunde“ in den Schulen eingeführt wird. Nur wer Demokratie erlebe, wisse sie zu schätzen. Das Buch sei kein Wahlprogramm, betont die Neos-Chefin aber. Die Einnahmen sollen übrigens der Bildungsinitiative „Teach for Austria“ zugutekommen.
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