Spezialproblem
Als wäre die Sache nicht kompliziert genug, schafft die Inflation in diesem Jahr ein „Spezialproblem“, das die Frage der Fairness noch ganz anders stellt.
Denn nach geltender Rechtslage könnte es einen erheblichen Unterschied machen, ob man die Pension am 1. Dezember 2023 oder erst einen Monat später antritt. Wie das? Grundsätzlich berechnet sich die Pensionshöhe durch das sogenannte Pensionskonto.
Je mehr ein Menschen im Laufe seines Lebens auf dieses, digital übrigens jederzeit einsehbare Konto einzahlt, desto höher ist später die Pension. Damit das über die Jahre eingezahlte Kapital nicht schleichend an Wert verliert, gibt es eine jährliche Wertanpassung, den sogenannten Aufwertungsfaktor. Der Aufwertungsfaktor berücksichtigt die Gehaltssteigerungen der Vergangenheit, konkret aus dem dritt- zum zweitvorangegangenen Kalenderjahr – das sind diesmal rund 3,5 Prozent.
Da aber die Inflation deutlich über diesem Wert liegt, besteht folgendes Problem: Personen, die mit 1. Dezember ihre Pension antreten, sind am 1. Jänner 2024 schon vier Wochen im Ruhestand und würden die Pensionsanhebung von 9,7 Prozent bekommen; diejenigen, die erst am 1. Jänner 2024 die Pension antreten, hätten demgegenüber aber „nur“ Anspruch auf die 3,5 Prozent.
Bei der Antwort, was in dieser Situation fair ist oder wäre, gibt es höchst unterschiedliche Zugänge: SPÖ-Chef Andreas Babler springt dem Seniorenrat bei und fordert mit dem Verweis, dass Pensionisten „keine Bittsteller“ seien , eine rückwirkende Anhebung der Pensionen von fünf Prozent.
Genau davor warnen die Neos: Sie halten das für gefährliche „Pensionsgeschenke“. „Jede Erhöhung über das Gesetz hinaus kann und wird das System nicht stemmen“, meint Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker. Und das ist auch die Perspektive der Industriellenvereinigung, oder genauer: der Jungen Industrie. Deren Bundesvorsitzende Julia Aichhorn warnt, dass die Pensionsausgaben überborden. „In Summe wird jeder vierte Euro für das Füllen des Pensionslochs ausgegeben.“ Damit seien die Pensionszahlungen von 26 Milliarden Euro mehr als sechsmal so hoch wie alle Ausgaben für Klima, Umwelt und Energie. „Da braucht sich niemand wundern, warum uns das Geld für das Erreichen der Klimaziele fehlt.“
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Nachteile
Der Bundesregierung und dem für die Pensionszahlungen zuständigen grünen Sozialministerium bereitet der gegenwärtige Zustand durchaus Sorgen. Im Ressort werden verschiedenste Szenarien durchgerechnet, denn jede Anhebung der Pensionen verursacht Mehrkosten von mehreren Milliarden, die auch dann nicht wegfallen, wenn sich die Inflation auf dem Niveau früherer Jahre einpendelt. Offiziell heißt es gegenüber dem KURIER, man prüfe alle Möglichkeiten, um die „vorübergehenden Nachteile“ der Inflation möglichst zu verringern.
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