Was nach dem Diesel kommt

Die Autobranche steht vor ihrem größten Umbruch. Die Ära der Verbrennungs- motoren könnte bald zu Ende gehen.

Vor 125 Jahren meldete der Deutsche Rudolf Diesel das erste Patent auf seine Wärmekraftmaschine an. Einige Jahre zuvor gab es erste Patente auf Benzinmotoren. Lange galten beide Motoren als unumstritten, Versuche, sie von Gas- oder Elektroantrieb abzulösen, wurden als technisch unmöglich oder zu teuer abgetan. Nun aber droht beiden Typen das Aus, vor allem der Diesel steht auf dem Pranger. Wie wird die motorisierte Welt von morgen aussehen? Der KURIER gibt Antworten.

Was nach dem Diesel kommt
Grafik, Bilder: Renault, BMW, Tesla, VW, Nissan, i-Stock

Wieso konnte es so weit kommen?

Die US-Umweltbehörde hat im September 2015 die Initialzündung gegeben. Sie konnte bei VW-Dieselautos den Einsatz einer Schummelsoftware nachweisen, die die Schadstoffwerte im Testbetrieb deutlich reduzierte. Nach und nach wurde aufgedeckt, dass weltweit Millionen Autos betroffen sind – auch von anderen Herstellern. Mithilfe einer neuen Motorensoftware sollen die tiefen Werte nun auch im Realbetrieb erreicht werden.


Wie sehr ist Österreich betroffen?

Zehntausende heimische Pkw müssen in die Werkstätten. Österreich hat nach Einwohnern gerechnet die dritthöchste Anzahl von Diesel-Pkw in der EU. Von 4,82 Millionen zugelassenen Pkw sind 57 Prozent Diesel.


Was sollen Dieselfahrer tun?

Wer vom Rückruf betroffen ist, sollte in die Werkstatt kommen. Sonst droht der Entzug der Zulassung. Generell könnte es bei Diesel-Pkw infolge der Debatte einen Wertverlust geben. Branchenvertreter sprechen aktuell von zehn Prozent. Dies könnte noch deutlich mehr werden, sollte es zu Fahrverboten (zumindest für alte Stinker) kommen. Bei älteren Fahrzeugen bis zu 40 Prozent.


Wie geht es mit Dieselmotoren weiter?

Sie werden weiterentwickelt, damit sich Verbrauch und Schadstoffausstoß reduzieren. Dennoch mehren sich die Forderungen, dass es z. B. ab 2030 keine Neuzulassungen mit Verbrennungsmotoren gibt. Für BMW-Chef Harald Krüger ist die Diesel-Technologie aber noch "definitiv erforderlich", um die EU-Klimaziele zu erreichen, da der Diesel im Vergleich zum Benziner deutlich weniger CO2 emittiert. Dennoch: "Die Elektromobilität hat für uns derzeit klare Priorität."


Sind E-Autos die Lösung des Problems?

Tatsächlich hat die Diesel-Krise bewirkt, dass alle auf die E-Mobilität schauen. Autokonzerne intensivieren die Forschung. Österreich hat wie andere Staaten schon zu Jahresbeginn die Förderung für den Kauf von E-Autos erhöht, die Zulassungszahlen steigen.


Warum werden nicht mehr gekauft?

Es gibt drei große Problemfelder: Preis, Reichweite und Ladezeit. E-Autos sind im Durchschnitt um einiges teurer als die "fossile Konkurrenz". Mit einem vollen Tank kommt man – kauft man nicht gerade den neuesten Tesla – nur 200 bis 250 Kilometer. Auf dem Papier steht zwar meist mehr, aber das ist im Straßenverkehr bei Weitem nicht zu erreichen. Und das Laden dauert: sieben Stunden und mehr, wenn man nicht zu Schnelllade-Stationen fährt. ÖAMTC-Cheftechniker Friedrich Eppel rät allerdings zum langsamen Laden. "Das schont die Batterie", sagt er. Eine neue kostet rund 10.000 Euro.


Können sich E-Autos durchzusetzen?

"Ja", meint Eppel. Steigt die Produktionszahl, wird der Preis deutlich sinken. E-Autos seien einfacher als Benziner oder Diesel-Fahrzeuge und daher in großen Stückzahlen billiger. Und im Betrieb sind sie ohnehin unschlagbar günstig: zehn Euro für 200 Kilometer Stromkosten.


Woher soll der Strom kommen?

Damit E-Autos auch wirklich umweltfreundlich sind, muss der Strom natürlich aus CO2-freier Produktion kommen: Wasserkraft, Wind, Sonne oder Biomasse. Würden alle Privatautos in Österreich mit Strom fahren, würde das den heimischen Jahresverbrauch an elektrischer Energie um zehn Prozent erhöhen, errechnete man beim Stromkonzern Verbund. Das entspricht rund zwei Donaukraftwerken. E-Autos können aber auch als Stromspeicher genutzt werden. Sie würden in Zeiten von Stormüberschüssen – etwa nachts – aufgetankt.


Gibt es andere Alternativen?

Autokonzerne arbeiten auch am Brennstoffzellen-Fahrzeug, das mit Wasserstoff betrieben wird. Einige Modelle sind bereits am Markt. An vier Tankstellen in Österreich können die Fahrzeuge Wasserstoff tanken. Das Problem: noch ist die Erzeugung von Wasserstoff – im Elektrolyseverfahren mit Strom – sehr teuer.


Sind Erdgasautos noch ein Thema?

Erdgas ist eine Alternative zu Benzin und Diesel. Fahrzeuge gibt es seit Langem, das Tankstellennetz ist allerdings begrenzt und die Nachfrage nach gasbetriebenen Autos ist nicht groß. Im Betrieb sind Erdgas-Autos billiger als Benziner und Diesel-Fahrzeuge, auch der CO2-Ausstoß ist geringer.

Für Neueinsteiger gibt es das erste Aha-Erlebnis schon beim Start. Kein Aufheulen des Motors, kein Röhren des Auspuffs. Nur das Leuchten der Anzeigen im Cockpit signalisiert, dass es losgehen kann. Dann Wählhebel in D schieben, Gaspedal drücken und losfahren. Und dann gilt der Blick des Piloten meist der Reichweitenanzeige. Das Thema Reichweite zog sich wie ein roter Faden durch sämtliche Tests von Elektroautos in den letzten Jahren. Aber: Gab es vor einigen Jahren noch wenig erquickliche Reichweiten von vielleicht 80 Kilometern, so wuchs die mögliche Kilometerzahl zuletzt beständig.

Unterwegs im BMW i3

Letztes Beispiel dafür der BMW i3, für den die Bayern nun eine Batterie mit größerer Speicherkapazität anbieten. Bei der Testfahrt von der KURIER-Garage in Richtung Steiermark konnte das Elektromobil zeigen, was in ihm steckt. Von den 300 Kilometern laut Normverbrauch (NEFZ) bleiben bei geladener Batterie realistische 200 Kilometer – damit schreckt man vor längeren Ausfahrten nicht zurück.

Während des Fahrt auf der Autobahn erweisen sich dann 120 km/h als Tempo, das einen zügig vorwärts bringt und gleichzeitig ausreichend Reichweite übrig lässt. Bei 130 nagt der Elektromotor schon deutlich intensiver am Energievorrat. E-Autos beschleunigen vom Start weg höchst flott, der BMW verzögert durch das Rekuperieren (wenn man vom Gas geht) so stark, dass man die Bremse seltener treten muss als gedacht. Kasteien muss man sich in der neuen E-Auto-Generation kaum mehr.

Endeten vor einigen Jahren Ausfahrten noch in dramatischen Szenen mit abgedrehten Energieverbrauchern wie der Heizung, verordnetem Schneckentempo und konsequenterweise dem 40-Tonner formatfüllend im Rückspiegel, so kann man nun Klimatisierung und andere Stromfresser gerne anlassen und auch das Angebot an Ladestationen ist gewachsen. Beim BMW i3 ist es sogar möglich, dass einem das Navi den Weg zur nächsten Ladestation weist.
Michael Andrusio

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