Seit heuer bleibt den Steuerzahlern mehr Geld im Börserl: Die kalte Progression, eine Form der schleichenden Steuererhöhung, wurde im Herbst 2022 abgeschafft. Kurz erklärt: Löhne werden jährlich an die Inflation, die höheren Preise im Alltagsleben, angepasst.
Nun hat Österreich ein progressives Steuersystem: Es gibt Tarifgrenzen, ab denen man jeweils höhere Lohnsteuersätze zahlen muss. Steigen diese Tarifgrenzen nicht im Ausmaß der Inflation, verdient man bei angepasstem Lohn also mehr, zahlt anteilsmäßig aber auch höhere Steuern als zuvor.
Seit heuer ist diese „Ungerechtigkeit“ weitestgehend beseitigt. Zudem lässt sich bereits abschätzen, wie viel Entlastung das 2024 bringt. Laut einer Schätzung des wirtschaftsliberalen Thinktanks Agenda Austria lag die durchschnittliche Inflationsrate von Juli 2022 bis Juni 2023 bei 9,9 Prozent.
„Für jeden Prozentpunkt Inflation bringt die kalte Progression dem Staat pro Jahr 340 bis 350 Millionen Euro mehr“, sagt Agenda-Austria-Ökonom Dénes Kucsera. Heißt für 2024: Bei einer Inflationsrate von 9,9 Prozent bedeutet die Abschaffung der kalten Progression also eine Gesamtentlastung von 3,4 bis 3,5 Milliarden Euro.
Auswirkungen auf Ihr Einkommen
Und wie wirkt sich das auf den Einzelnen aus? Hier wird es kompliziert. „Wir wissen noch nicht, wie stark die tatsächliche Entlastung ausfällt, weil ein Drittel noch umverteilt werden muss“, sagt Kucsera. Der Grund: In Österreichs Modell steigen die Tarifgrenzen nur um zwei Drittel der Vorjahresinflation automatisch.
Beispiel: Wer monatlich 1.500 Euro brutto verdient, wird beim jetzigen Modell 2024 um 182 Euro entlastet – nicht um 270. Wer 3.000 Euro verdient, erhält automatisch 309 Euro mehr – statt 463. „Das zeigt grundsätzlich zwei Dinge: Wie wichtig die Abschaffung der kalten Progression war und wie unnötig kompliziert das derzeitige Modell ist“, sagt Kucsera.
Seine Forderung: die kalte Progression – nach Schweizer Vorbild – komplett abschaffen und gleichmäßig auf alle Steuerzahler aufteilen.
Allerdings geht das verbleibende Drittel nicht verloren. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) muss es ebenso für steuerliche Entlastungen einsetzen. Wie? Das ist noch offen. „Wahrscheinlich werden damit Niedrigverdiener wieder stärker entlastet“, meint Kucsera. „Wer mehr arbeitet, ist damit im Vergleich wieder stärker belastet, was ein weiterer Anreiz für Teilzeitbeschäftigung ist“, kritisiert der Ökonom.
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