Werner Suppan ist der klassische Parteianwalt. Er vertritt von der ÖVP etwa Ex-Kanzler Sebastian Kurz sowie die Ex-Finanzminister Gernot Blümel und Hartwig Löger. Seine Schwerpunkte liegen im Medien- und im Verfassungsrecht, der 59-Jährige ist auch Ersatzrichter am Verfassungsgerichtshof. Für das Strafrecht habe er Berater hinzugezogen, erzählt man sich. Suppan weiß um die Macht der öffentlichen Meinung und scheut auch nicht die Konfrontation auf offener Bühne.
Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner hat sich dem Vernehmen nach absichtlich gegen ihn entschieden. Die ÖVP hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) so oft kritisiert und attackiert; Wallner aber will keinen Ärger, sondern kooperieren, heißt es. Seine Wahl fiel daher auf Richard Soyer, den Doyen der Strafverteidigung – und einen, der eher für seine „linke“ Klientel bekannt ist. So vertritt Soyer aktuell den Ex-Grün-Politiker Christoph Chorherr in dessen Spenden-Prozess, vorher Ramin M., „Ibiza-Anwalt“ und Financier der Videofalle.
Soyer ist Kanzleipartner von Roland Kier – und dieser verteidigt ausgerechnet jenen Mann, der die ÖVP-Causa erst so richtig angezündet hat: Thomas Schmid. Schmid hat sich im Sommer hinter dem Rücken seines ursprünglichen Anwalts an Kier gewandt und bei der WKStA ausgepackt, weil er Kronzeuge werden will.
Ein spannendes Manöver, sagt ein Kollege zum KURIER: Kier sei „fachlich der beste Strafrechtler in der Szene“ und zugleich völlig unauffällig. Die Medienöffentlichkeit blendet er aus, wie er kürzlich in seinem bislang einzigen Interview im Standard erklärte. Es ist also ein medienscheuer Fachmann, dem sich der recht extrovertierte Schmid als Kronzeuge in spe anvertraut hat.
Taktisch klug gewählt scheint auch das Team von Ex-Ministerin Sophie Karmasin: Sie hatte zuerst Norbert Wess als erfahrenen Wirtschaftsstrafrechtler engagiert. Als Karmasin im Vorjahr in U-Haft saß, holte sie Philipp Wolm dazu, der sich bestens im Haftrecht auskennt, aber eher im Suchtgift-Bereich etabliert ist. Dass der Prozess, der im Jänner starten soll, wegen Personalmangels nun von einem Suchtgift-Richter übernommen werden muss, dürfte Karmasin als glückliche Fügung sehen.
Aber auch die Anwaltseite überlegt sich sehr genau, wen sie als Mandant übernimmt. Politiker sind ein anderes Kaliber als Privatpersonen – das hat mit der medialen Aufmerksamkeit und parteipolitischen Schubladen zu tun, in die man sich nicht gerne stecken lässt.
Michael Rohregger, der aktuell ÖVP-Klubchef August Wöginger vertritt, hat im Jahr 2016 für die FPÖ (gemeinsam mit Ex-FPÖ-Justizminister und Anwalt Dieter Böhmdorfer) die Hofburg-Stichwahl beim VfGH angefochten. 2019 hat er dann für SPÖ und Neos eine Beschwerde gegen den von Türkis-blau geplanten Bundestrojaner verfasst. Beides mit Erfolg. Neben Wöginger vertritt Rohregger übrigens auch den Glücksspielkonzern Novomatic, die Stränge verlaufen aber getrennt voneinander.
Johannes Zink ist Vertrauensanwalt der burgenländischen SPÖ bzw. von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, war lange Zeit für den Ex-Grünen Peter Pilz tätig und vertritt jetzt im Ibiza-Akt die Ex-Casinos-Chefin und Ex-ÖVP-Politikerin Bettina Glatz-Kremsner.
Von mehreren Anwälten abgelehnt wurde Heinz-Christian Strache. Nach Platzen der Ibiza-Causa sei die Lage zu unübersichtlich gewesen, erzählt man sich, es habe auch kaum jemand bei ihm anstreifen wollen. Johann Pauer sagte zu. Er gilt als Fachmann für Wirtschafts- und Finanzstrafrechts – komplexe Causen liegen ihm. Von seinem Lehrherren, Böhmdorfer, hat er sich längst emanzipiert. Auch das war damals ein Faktor: Die FPÖ wollte ihrem gefallenen Parteichef und Vizekanzler keinen Parteianwalt geben, sie distanzierte sich auf allen Ebenen.
Wie schon gesagt: Die Anwaltswahl hat viel mit Taktik zu tun.
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