Warum Sie Ihren Sinnen und nicht dem Mindetshaltbarkeitsdatum trauen können

Die EU will die Menge der verschwendeten Lebensmittel bis 2030 halbieren
Weltweit landet ein Drittel aller Lebensmittel im Müll. In Österreich sind es jährlich rund 800.000 Tonnen. Den meisten Anteil an der Verschwendung haben Haushalte. Damit haben es aber auch jede und jeder täglich in der Hand, diese fatale Fehlentwicklung zu verändern. Beginnend beim Profansten – dem Einkauf der Lebensmittel und deren Lagerung. In Zahlen gegossene Diskrepanz: Während die Teuerung so hoch ist wie zuletzt seit 40 Jahren nicht mehr, werden in Österreich jährlich pro Haushalt genießbare Waren im Wert von 300 bis 400 Euro in den Mist geschmissen anstatt gegessen.
Einer der Gründe dafür ist das eingeprägte Datum auf den Produkten. „Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist kein Verfallsdatum“, betont Johannes Rauch, der als Gesundheits- und Konsumentenschutzminister ebenso wie die grüne Klimaschutzministerin Leonore Gewessler für Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung zuständig ist wie ÖVP-Landwirtschafts- und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger.

„Fakt ist, dass Mindesthaltbarkeitsdaten oft nicht mehr der gängigen Praxis entsprechen“, sagt Köstinger. „Wenn nachweislich Produkte zwei bis dreimal länger haltbar sind als auf dem Mindesthaltbarkeitsdatum durch den Hersteller abgebildet, dann müssen wir das auf EU-Ebene einheitlich ändern.“
Einiges geändert haben bereits Gastronomie, Hotellerie und Handel. Teils aus wirtschaftlichen Überlegungen, teils aus ideologischen (Nachhaltigkeitsgedanken) und teils, weil die Kunden danach verlangen. So unterstützt die „United Against Waste“-Initiative Großküchen wie Wirtshäuser und Hotelrestaurants dabei, Lebensmittelabfälle zu reduzieren. Grund: 175.000 Tonnen im Wert von 320 Millionen Euro werden dort teils unnötigerweise weggeworfen.
„Der Weg in eine ökologisch und ökonomisch nachhaltige Zukunft führt über Informieren, Motivieren und Überzeugen“, sagt Markus Gratzer, Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung. Angesetzt werde in der Branche im gesamten Prozess, „beginnend bei der Beschaffung hin zur Verwertung des gesamten Einkaufs samt Weiterverwendung deutlich reduzierter Reste.“

Um der Lebensmittelverschwendung Einhalt zu gebieten, hat das Klimaministerium im Sommer 2021 eine Koordinierungsstelle ins Leben gerufen. Deren Aufgabe ist es, Verschwendung – von Herstellern über Handel bis Konsumenten – auszumachen und auszumerzen. Läuft es nach Plan von Klimaministerin Leonore Gewessler sollen die vermeidbaren Lebensmittelabfälle bis 2025 um 30 Prozent reduziert werden.

„Der gesamte Lebensmittelhandel tritt gegen Lebensmittelverschwendung auf“, weiß Lukas Wiesmüller, Leiter Nachhaltigkeit bei Spar. „Die vier großen Händler unterstützen den Verband der Österreichischen Tafeln.“
Das Grundproblem, so Wiesmüller, liege indes bei den Haushalten und deren fehlendem Kochwissen. „Menschen haben verlernt, mit saisonalen, regionalen Lebensmitteln zu kochen, Mengen zu planen, Wochen-Speisepläne zu erstellen mit entsprechender Verwertung von größeren Mengen eines Lebensmittels oder auch aus Resten noch Speisen zu kochen. Die Verfügbarkeit von jeglichen Lebensmitteln zu jeder Zeit zu günstigen Preisen ist zwar gesellschaftlich wünschenswert, weil damit Zeit und finanzielle Ressourcen für andere Lebensbereiche frei werden, führt aber zu einer fehlenden Wertschätzung von Lebensmitteln.“ Diese könnte nur durch grundlegende Ernährungsbildung wieder wettgemacht werden.
Mindesthaltbarkeit Wer ein Lebensmittel wegschmeißt, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist, der verschwendet Nahrung und Geld, denn: Viele Lebensmittel sind nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums genießbar, wenn sie richtig gelagert sind. Überprüfen durch schauen, riechen, tasten und kosten kann Geld und damit Lebensmittel sparen helfen.
Verbrauchsdatum Verderbliche Produkte wie Fleisch oder Fisch sollten nach Ablauf des Verfalls- oder Verbrauchsdatums nicht mehr konsumiert werden.
Einkauf einfrierenWer zu viel Brot, Gemüse oder Fleisch eingekauft hat, kann es getrost einfrieren. Backwaren halten eingefroren mehrere Monate, Fleisch je nach Sorte bis zu einem Jahr.
Einpacken lassen Nicht aufgegessene Speisen werden in den USA automatisch zum späteren Verzehr in ein „Doggy-Bag“ gepackt. Sich das halbe Schnitzel in Stanniolpapier gepackt mit nach Hause zu nehmen, das ist hierzulande leider in Vergessenheit geraten.
Günstiger vorbestellen Wer vor Ladenschluss überschüssiges frisches Essen aus Restaurants oder Hotels will, Brot und Torten aus Bäckereien und Cafés und das zu einem günstigeren Preis, der kann das über die App „Too Good To Go“. Dort bieten auch Spar und Metro Produkte an, die noch gut aber nicht mehr zum regulären Preis verkauft werden. Das Überraschungssackerl (Obst, Gemüse, Gebäck, Milch, Wurst) kostet jeweils 4,99 Euro und entspricht einem Warenwert von 15 Euro.
Kommentare