Aber warum sollte es Neuwahlen geben? Welche Regierungspartei soll Interesse daran haben? Die Grünen würden ihre Regierungsbeteiligung riskieren. Die ÖVP würde von 37,5 Prozent auf in etwa 25 Prozent runterrasseln.
Mögliche Gründe dafür
Dennoch gibt es Gründe, die für eine Neuwahl sprechen.
Drei ÖVP-Landeshauptleute müssen in ca einem Jahr zur Wiederwahl antreten: Johanna Mikl-Leitner, Günther Platter und Wilfried Haslauer. Derzeit erfreuen sie sich einer Stärke, die sie mit dem Schub des 2017 frisch an die Spitze gehievten Sebastian Kurz erreicht hatten. Nun ist Kurz nicht nur weg, sondern er hat auch noch eine Serie von Affären hinterlassen, die den Landeshauptleuten auf den Kopf fallen könnten.
Um diese Zeche nicht bezahlen zu müssen, könnten die Länder Bundeswahlen provozieren, damit die Wähler ihren Frust über die Skandale und die eklatanten Fehler im Corona-Management auf Bundesebene abreagieren. Im Windschatten einer neuen, vermutlich von SPÖ und ÖVP gebildeten Regierung (andere Partei-Paarungen werden mit einer MFG im Parlament keine Mehrheiten bekommen) könnten die Landeshauptleute dann ihre Landtagswahlen abhalten.
Hemd näher als der Rock
Die Bundes-ÖVP würde zwar abstürzen, aber das Hemd war den Landeshauptleuten immer noch näher als der Rock. Zudem würde auch ein Durchdienen bis 2024 der Bundes-ÖVP wohl keinen großen Aufschwung mehr bescheren. Plasser: „Nach Corona wartet eine Kaskade brisanter Themen, von der hohen Inflation bis zum enormen Reformrückstau.“
Angenehmer Nebeneffekt von Neuwahlen: Mit deren Beschluss endet der für die ÖVP hochnotpeinliche U-Ausschuss.
Kursierendes Memo
Neuwahlen sind vorerst nur ein Szenario, aber es macht inzwischen in allen Parteien die Runde. In der SPÖ rechnet man mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Neuwahlen noch heuer.
In der FPÖ kursiert ein Memo, das ein FPÖ-Politiker nach einem vertraulichen Gespräch mit einem ÖVP-Politiker verfasst und an seine Kameraden verschickt hat. In dem Papier ist ein möglicher Casus Belli in der türkis-grünen Koalition genannt: Demnach könnte sich die ÖVP an Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein reiben, wegen der versemmelten Durchführung der Impfpflicht und anderer Versäumnisse in seinem Ministerium – zum Beispiel die nicht in die Gänge kommende Pflegereform.
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