Mit seinen rund 1.600 Ärzten ist das AKH Wien das größte Spital Österreichs. Dank Spitzenleistungen, etwa in der Transplantationsmedizin, belegt es auch in internationalen Rankings immer wieder Top-Plätze.
Keine Selbstverständlichkeit angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen, unter denen das dortige Personal arbeiten muss. Denn einerseits handelt es sich bei dem Großspital am Währinger Gürtel um eine Uniklinik, an der Forschung, Lehre und Spitzenmedizin stattfindet und deren Ärzte zum Bund gehören. Gleichzeitig ist es aber auch Gemeindespital, das der breiten Patientenversorgung dienen soll und für dessen Pflegekräfte und weitere Mitarbeiter die Stadt Wien zuständig ist. Aus dieser komplizierten Struktur ergeben sich zahlreiche Doppelgleisigkeiten und Interessenkonflikte.
Radikale Forderung
Die Wiener Ärztekammer lässt nun im Rahmen ihres Forderungskatalogs an die Stadt Wien zur Behebung der Engpässe in den Spitälern mit einem radikalen Reformplan aufhorchen: Geht es nach den Standesvertretern, soll das AKH künftig als eigenständiges Bundesspital geführt werden. Das heißt, dass nicht nur die Ärzte, sondern alle Mitarbeiter beim Bund beschäftigt wären. Mehr noch: Das AKH soll ein universitäres Exzellenzzentrum werden, in dem Regelversorgung nur noch im Ausnahmefall stattfindet.
Doch was würde das in der Praxis bedeuten? Laut Johannes Kastner, AKH-Betriebsrat und Kammerfunktionär, würde neben der Spitzenmedizin (etwa Transplantationen) die Basisversorgung nur mehr in einem Umfang übrig bleiben, wie er für die Lehre nötig ist. Kastner rechnet damit, dass ein Drittel der Leistungen wegfallen würden.
„Zukunftsvision“
Mit erheblichen Konsequenzen: Um die Wiener Patienten versorgen zu können, müssten die Kapazitäten in den anderen Gemeindespitälern ausgebaut werden. Zudem wurde ein Teil des AKH-Personals und der dortigen Infrastruktur nicht mehr benötigt. „Insofern ist die Umwandlung des AKH in ein Bundesspital derzeit völlig unrealistisch und lediglich eine Zukunftsvision“, räumt Kastner ein. Eine Zukunftsvision, der auch das zuständige Wissenschaftsministerium nichts abgewinnen kann. Vielmehr will man am bestehenden Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern festhalten, wie ein Sprecher auf Anfrage betont. Seitens der Stadt gab es am Donnerstag keine Stellungnahme.
Doch was steckt dann hinter dieser so offensichtlich unrealistischen Forderung der Ärztekammer? Statt das AKH zu schrumpfen, geht es ihr vielmehr darum, Druck auf die Stadt auszuüben, um dort für bessere Arbeitsbedingungen und für mehr Personal zu sorgen. „Die OPs und Intensivstationen des AKH arbeiten derzeit mit 25 bis 40 Prozent Leistungseinschränkung“, sagt Kammerfunktionär Frederic Tömböl, der selbst am AKH tätig ist.
Und das durchwegs, weil Pflegepersonal fehle. Womit für die dortige Personalmisere einzig die Stadt Wien verantwortlich sei.
Pflege-Problem
Laut Tömböl würden die Pflegekräfte „auf den Cent genau“ dasselbe Gehalt bekommen wie ihre Kollegen in den anderen Wiener Gemeindespitälern. Dabei sei die Arbeit am AKH aufgrund der dort behandelten komplexeren Fälle mitunter deutlich schwieriger. „Das führt dazu, dass viele in die andere Gemeindespitäler abwandern“, sagt Tömböl.
„Wir wollen das AKH nicht abschotten und stehen auch für seinen über Wien hinausgehenden Versorgungsauftrag“, betont der Kammervertreter.
Ziel sei es vielmehr, dem AKH so viele Ressourcen zu geben, dass es 100 Prozent seiner Kapazitäten ausnützen könne. Umso wichtiger wäre es, dass das Spital gesondert in den aktuellen laufenden Finanzausgleichsverhandlungen behandelt würde.
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