Warum das Klimaschutzgesetz wild umstritten ist
Es sind zwei Gesetze, zu denen Vertreter der türkis-grünen Regierung zuletzt immer wieder gefragt worden waren, wann sie endlich umgesetzt werden: das Informationsfreiheitsgesetz und das Klimaschutzgesetz. Für die Info-Freiheit liegt nun ein Entwurf vor, auf das Klimaschutzgesetz muss hingegen noch immer gewartet werden.
Dabei ist schon im türkis-grünen Koalitionsabkommen ein Versprechen für ein neues Klimaschutzgesetz (KSG) verankert. Vereinbart wurden „Verbindliche Gesamt- und Sektorziele für alle Sektoren, Pfade, Ressourcen und Maßnahmen-Verantwortlichkeiten“, zudem ist von einem „Verantwortlichkeitsmechanismus zwischen Bund und Ländern“ die Rede.
Dann aber, im Frühjahr 2021, wurde Medien der erste Entwurf des KSG „geleakt“, WKÖ-General Karlheinz Kopf sah diesen Entwurf als teils „untragbar“, zudem beinhalte er „ideologie-getriebene Bestrafungsfantasien“.
Für die Grünen war damals jedenfalls klar, dass das KSG durch den Leak „umgebracht“ werden sollte.
Was stand im „Leak“?
Das Ziel der Klimaneutralität 2040 soll in die Verfassung.
Um breiten Konsens herzustellen, soll einerseits ein Klimakabinett (Teile der Regierung, LH-Vorsitzende, Vorsitz der Landesklimaschutzreferenten) eingerichtet werden, das Klimagesetze beschließt. Dieses Klimakabinett beraten soll ein Klimakomitee (unter anderem aus Abgeordneten, WKÖ, AK, LWK, ÖGB) und nicht zuletzt ein wissenschaftlicher Beirat.
Ein Klimarat der Bürger (für Empfehlungen) soll regelmäßig tagen und damit institutionalisiert werden.
Ein „Sofortprogramm und Einführung einer zusätzlichen Kohlenstoffbepreisung bei Überschreiten von Jahreshöchstmengen“ war die bisher umstrittenste Passage.
Alle Gesetzesvorhaben benötigen einen „Klimacheck“ – was dazu führen könnte, dass der Handlungsspielraum der Regierung eingeschränkt werden könnte, so die Kritik.
Den Bürgern soll ein „Rechtsschutz“ bei Verletzung der Klimaschutzverpflichtungen gegeben werden.
Seit diesem Leak kommen die Verhandler kaum voran, einen neuen, entschärften Entwurf gibt es noch nicht. Klimaministerin Leonore Gewessler betont stets, dass das Klimaschutzgesetz von Türkis-Grün beschlossen werden wird. Im türkisen Klub wird das offen bezweifelt. Besonders die Wirtschaftskammer in Person von Generalsekretär Karlheinz Kopf zeigt den Daumen nach unten.
Verhandelt wird zwischen den Ministerien von Vizekanzler Werner Kogler, Finanzminister Magnus Brunner sowie Klimaministerin Leonore Gewessler, Wirtschaftsminister Martin Kocher und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig.
Klarer Rahmen bis 2040
Was soll letztlich im KSG stehen? „Es soll einen klaren Rahmen für die Klimapolitik bis 2040 vorgeben und die Klimaziele, zu denen sich die Republik international verpflichtet hat, gesetzlich verankern und auf alle Sektoren aufteilen und klare Verantwortlichkeiten fixieren“, sagt der Klimasprecher der Grünen, Lukas Hammer. Dabei will er Missverständnisse ausräumen: „Wir hatten nämlich noch nie ein wirksames Klimaschutzgesetz, das alte war ja wirkungslos. Zweitens haben wir geltende Klimaziele, die Republik muss bis 2030 genau 48 Prozent Emissionen einsparen. Schaffen wir das nicht, drohen bekanntlich hohe Geldstrafen.“
Hammer sagt aber auch, dass ein KSG „keine Wunderpille“ sein könne. „Das Gesetz kann einen politischen Willen zum Setzen von konkreten Klimaschutzmaßnahmen niemals ersetzen, es macht aus einem feigen Politiker keinen mutigen.“ Und wie sieht es mit einer Klagsmöglichkeit aus, dem Schreckgespenst für die Wirtschaft? „In Österreich kann man gegen jeden Würstelstand gerichtlich vorgehen, wegen Geruchsbelästigung oder was auch immer. Aber selbst als Anrainer geht das nicht gegen neue Industrieanlagen oder Autobahnen aufgrund der zusätzlichen CO2-Emissionen“, sagt Hammer. „Weil das in unserem Recht nicht vorkommt.“ Er bezweifelt, dass das KSG das ändern wird.
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