Klimaschutz - "Und was ist mit China??"

Klimaschutz - "Und was ist mit China??"
Klima-Countdown #7: China ist der größte Emittent von Treibhausgasen, wenn auch nicht kumuliert seit 1850. Aber warum müssen wir was tun, wenn die nix tun?

Bei allen Diskussionen über Klimaschutz, ob wir Fracking machen sollen, oder mehr E-Autos brauchen, ob wir neue Windparks bauen und neue PV-Module verbauen, kommt unweigerlich und wie das Amen im Gebet immer der gleiche Einwand: Und was ist mit China?

Wie im gestrigen Newsletter besprochen, liegt Chinas Anteil an den weltweiten Treibhausgas-Emissionen aktuell bei 32.9 % (oder 14,3 Milliarden Tonnen CO2, Österreich hat zum Vergleich etwa 80 Millionen Tonnen). Und Chinas Anteil am bereits emittierten CO2 in der Atmosphäre liegt bei 11,4 Prozent, Platz 3 nach den USA und Europa).

Damit ist klar: Was im Reich der Mitte passiert, ist ganz wesentlich für das Weltklima. Ebenso was in den USA passiert, da die Amerikaner historisch auf Platz 1 liegen.

Zahlreiche Meldungen, dass China und die USA bei dieser COP miteinander reden, dürfen als sehr gutes Signal gewertet werden. Berichtet wird über einen regelmäßigen eMail-Verkehr (ja, das muss man als Erfolg werten), also auch persönliche, inoffizielle Treffen der Klima-Beauftragten der beiden Supermächte, also John Kerry für die USA und Xie Zhenhua für China. Die beiden verbindet inzwischen eine Jahrzehntelange Bekanntschaft, die manche sogar als Freundschaft bezeichnen.

Dem Vernehmen nach ging es in den Gesprächen um die ganz heißen Punkte: ein rascher Methan-Ausstieg (Erdgas), ein Stopp der Abholzung und um die Energiewende.

Dass es derzeit keine „offiziellen“ Treffen gibt, hat auch damit zu tun, dass die US-Abgeordnete Nancy Pelosi kürzlich offiziell Taiwan besuchte. Das war sicher nicht der klügste Schritt der US-Demokratin aus Kalifornien und wohl dem Wahlkampf geschuldet. Dennoch sollen die Präsidenten Joe Biden und Xi Jinping kommende Woche beim G20-Treffen in Indonesien persönlich zusammentreffen.

China hat sich bei den Klimakonferenzen längst eine Sonderstellung ausverhandelt. Das hat damit zu tun, dass sie darauf verweisen, dass sie historisch für weit weniger Treibhausgase verantwortlich sind, als die (so genannten) westlichen Industriestaaten.

Fakt ist: China darf seinen Treibhausgas-Ausstoß noch weiter erhöhen. Dieser sollte bis oder kurz vor dem Jahr 2030 sein Maximum erreichen, danach fallen. Klimaneutralität will China bis 2060 erreichen (Europa und die USA bis 2050, aber das steht noch auf sehr geduldigem Papier).

Kohlekraftwerke
China baut nach wie vor Kohlekraftwerke in horrender Geschwindigkeit. Das stimmt. Das heißt aber nicht, dass die 24/7 auch in Betrieb sind. China hat erst im Vorjahr großflächige Stromausfälle verzeichnet, daher ist die Panik da und der Wille vorhanden, ausreichend Strom zu erzeugen, wie auch immer.

Chinas Energiehunger ist zweifellos atemraubend, und das hat natürlich mit uns hier im Westen zu tun. Jede Wette, dass der Großteil Ihrer technischen Geräte daheim und noch viel mehr Ihrer Besitztümer in China produziert wurden. Da es kein offizielles Modell gibt, wie die Emissionen unserer Konsumgüter in die nationalen Emissionsbilanz aufgenommen werden sollen, stehen sie auf der Rechnung Chinas, was ja nicht falsch ist. Es soll nur erklären, warum China so viel Energie benötigt. Und 79 Prozent der Gesamt-Energie Chinas ist fossil-basiert, Kohle, Öl und Gas.

Um die Abhängigkeit von den extrem schwankenden Energiemärkten der Welt zu verringern, setzt China auf Kohle, auch, weil davon mehr als genug im Inland vorhanden ist. Und in Australien gab es zuletzt einen großen Streit, ob die Kohlexporte nach China gestoppt werden sollen.

Beim Öl schaut es etwas anders aus, das kommt zu 44% aus dem arabischen Raum (vor allem Saudi Arabien), zu 18% aus Afrika (vor allem Angola), zu 16% aus Russland, und zu 15% aus Süd- und Mittelamerika. Ein kleiner Hinweis an unsere OMV-Manager, wie ein Diversifikation der Energiehandelspartner aussehen kann, und man nicht zu achtzig Prozent einem einzigen Staats ausgeliefert ist.

Und dann noch Atomkraft. Derzeit werden in der Volksrepublik China an 16 Standorten 55 Reaktorblöcke betrieben; 17 weitere Blöcke sind im Bau. Und die Chinesen planen zumindest 150 neue Atomkraftwerke in den kommenden 15 Jahren. Mehr, als der Rest der Welt in den vergangenen 35 Jahren gebaut hat. Wobei da sehr strittig ist, ob Kernkraft klimaneutral ist. Das ist es jedenfalls im Betrieb, aber weder beim Bau, bei der Beschaffung der Kernbrennstoffe, bei der Entsorgung derselben und beim Abbau der KKW.

Erneuerbare
Dennoch gibt es in China seit Jahren einen Boom bei den Erneuerbaren, der nach wie vor an Fahrt aufnimmt. Während Wind- und PV-Strom im Jahr 2011 nur zwei Prozent der Gesamtenergie (also nicht nur Strom) Chinas ausmachte, waren es 2021 bereits neun Prozent.

Die Wahrheit ist: China ist und bleibt die Nummer 1 der Welt in Sachen Ausbau der Erneuerbaren. Und sie sind mit deutlichem Abstand Weltmarktführer bei Fotovoltaik-Paneelen als auch bei der Windkraft. Und während sie all die Kohlekraftwerke bauen, wird gerne übersehen, dass China auch die Wasserkraft massiv ausbaut (nach dem größten bauen sie gerade das zweitgrößte Laufkraftwerk), ebenso Pumpspeicher, ebenso Windkraft und Photovoltaik und sogar Wasserstoff nimmt langsam an Fahrt auf. China baute 2019 mehr Windkraft-Leistung als die gesamte restliche Welt zusammen, ähnlich schaut es bei der Fotovoltaik aus.

Unterm Strich heißt das: Analysten gehen davon aus, dass Chinas Emissionen lange vor 2030 ihr Maximum erreichen werden, wahrscheinlich bereits 2025. Was nicht heißt, dass China ein Klimaschutz-Engel ist, ganz im Gegenteil. Es gibt Berechnungen, dass Chinas Anteil an der weltweiten Klimapolitik eher mit einem 3°C-Ziel, als mit einem 2°C-Ziel vereinbar ist. Aber wer weiß, vielleicht kommt ein neuer Durchbruch schon bei dieser Klimakonferenz. So gerne die Europäer ihre Rolle bei der Klimakonferenz als wesentlich ansehen, eigentlich geht es vor allem um China und die USA. Wenn diese Staaten ihre Weichen neu stellen, werden die anderen rasch folgen.

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