Warum 2020 im Kampf um das Klima entscheidend sein wird
Wenn am Freitag, den 19. November 2020, der Hammer nach dem finalen Plenum der 26. Welt-Klimakonferenz im schottischen Glasgow fällt, werden wir Gewissheit haben, ob 2020 tatsächlich das entscheidende Jahr im Kampf gegen die Klimakrise gewesen sein wird.
Gewissheit darüber, ob sich die 197 Vertragspartner des Klimarahmenvertrages die aus wissenschaftlicher Sicht notwendigen Klimaziele gesetzt haben. Der Weltklimarat drängt nämlich auf eine Reduktion der Treibhausgase um jeweils mindestens fünfzig Prozent in den kommenden drei Jahrzehnten.
EU: Grüne Revolution
Gewissheit aber auch darüber, ob die EU-Kommission unter deutscher Führung von Ursula von der Leyen die für 2020 angekündigten dreißig (!) Gesetzgebungspakete durchgebracht haben wird. Mit den neuen Gesetzen soll die EU in einer noch nie da gewesenen Kehrtwende radikal umgebaut werden. Neu gestaltet sollen etwa die Verkehrsnetze werden, aber auch Strategien für eine CO2-arme Stahlproduktion, eine Sanierungswelle für Gebäude, oder CO2-Zölle. Jeder Europäer sollte sich dann unter Reformübeschriften wie "nachhaltige Produktion", "Kreislaufwirtschaft" und "nachhaltige Städte und Gemeinden" etwas vorstellen können. Denn ohne diesen Umbau, ist sich Brüssel sicher, kann ein effektiver Klimaschutz nicht funktionieren.
Ende 2020 wird es auch die Gewissheit geben, ob sich in den USA die stille, aber riesige "We are still in"-Bewegung von Gouverneuren, Bürgermeistern und mächtigen Wirtschaftskonzernen doch wieder zum Klimaschutz wie unter Präsident Obama bekennen wird. Das Land ist längst viel weiter beim Klimaschutz, als sich das Präsident Donald Trump vorstellen möchte. Und Umfragen zeigen, dass sich sechs von zehn US-Bürgern längst "alarmiert" oder "besorgt" über die Klimakrise zeigen.
Gewissheit wird es auch darüber geben müssen, ob die australische Regierung angesichts der Dezember-Waldbrände, die wie monströse Feuerwalzen über die trockenen Wälder rollen, reagiert. Das heißt, ob sie den internationalen Klimaschutz zumindest nicht mehr blockieren wird. Gewissheit wird es auch in Österreich geben. Ob Klimaschutz nämlich an Fahrt aufnimmt und wirkungsvolle Maßnahmen gesetzt werden. Diese Gewissheit könnte sich in wenigen Tagen einstellen. Dann nämlich, wenn die türkis-grüne Regierung ihre Arbeit aufnimmt.
Derzeit gibt es Anzeichen dafür, dass 2020 weltweit wesentliche politische Entscheidungen fallen werden, glaubt die Ökologin Monika Langthaler: "Noch sind alle Klimaziele in Reichweite. Nur müssen jetzt endlich Entscheidungen getroffen werden. In den kommenden zehn Jahren muss eine Kehrtwende passieren. Sonst können wir das Thema Treibhausgas-Senkung vergessen, und uns nur mehr damit beschäftigen, wie wir die Klimafolgen-Schäden, die um ein Vielfaches teurer sein werden, abwehren können."
Zwang zum Klimaschutz
Hoffnung machen der Expertin Gerichtsurteile wie jenes kurz vor Weihnachten in den Niederlanden: Der Oberste Gerichtshof hat aufgrund einer NGO-Klage die Regierung gezwungen, den Treibhausgasausstoß des Landes im kommenden Jahr drastisch zu senken. Die Richter bestätigten ein Urteil von 2015, wonach bis Ende 2020 die nationalen Emissionen um mindestens 25 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden müssen. Gegen den Entscheid der Höchstrichter ist keine Berufung mehr möglich.
Rückblick
Wahr ist leider auch: 2019 blieb der Kampf gegen die Klimakrise erfolglos, mit einigen negativen Höhepunkten.
Einer davon war am 4. November, als die US-amerikanische Regierung von Präsident Trump den Austritt vom Klimaabkommen von Paris unterzeichnete – weil es "unfair" sei für die US-Wirtschaft und der US-Kohleindustrie "den Kopf abschlagen" würde. Da es ein Jahr "Kündigungsfrist" gibt, werden die USA rund um die Präsidentschaftswahl 2020 tatsächlich aus dem Abkommen ausscheiden.
Klimaschutz-Versagen
Ein Reinfall war auch die 25. Klimakonferenz in Madrid im Dezember 2019. Weil Staaten wie die USA, Brasilien, Australien oder Saudi-Arabien Lösungen, etwa für einen weltweiten Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten, verhinderten.
Beunruhigend auch die Berichte der Forschungseinrichtungen, etwa der Bericht des Klimarates zur schwindenden Kryosphäre ("ewige" Eismassen), den saurer werdenden Ozeanen und dem Anstieg des Meeresspiegels. Die Meteorologen erklärten, dass 2019 das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen sein wird. Die vergangenen fünf Jahre waren jedenfalls die wärmsten je gemessenen. Das vergangene Jahrzehnt muss ebenfalls unter Wärmerekord verbucht werden. Seit den 1980er-Jahren stellte noch jedes Jahrzehnt einen neuen Hitzerekord dar.
Vielleicht war 2019 auch nur eines der kühlsten im Vergleich zu den kommenden achtzig Jahren.
Was ist der Klimawandel?
Die Klimakrise ist inzwischen überall spürbar. Weil Menschen seit über 200 Jahren fossile Energieträger wie Kohle, Erdgas und Erdöl aus dem Boden holen und verbrennen, steigt die Konzentration des Spurengases Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre.
Treibhaus-Gas
Dieses Gas wirkt wie das Glas in einem Treibhaus, das die Wärme einschließt beziehungsweise die Wärmestrahlung daran hindert, nachts ins Weltall abzustrahlen. Je höher die CO2-Konzentration ist, desto stärker der Effekt.
Das über Jahrtausende konstante Gleichgewicht aus Sonneneinstrahlung und nächtlicher Wärmeabstrahlung ist also schwer gestört. In den 1750er-Jahren, vor Beginn der industriellen Revolution, lag der CO2-Wert über Jahrtausende recht konstant bei etwa 0,027 Prozent, inzwischen liegt er bei 0,041. Diese Zunahme um 50 Prozent ist das eigentliche Problem, das „Glas“ unseres Treibhauses ist dicker geworden.
Wie vor Millionen Jahren
Solch hohe CO2-Konzentrationen wie jetzt dürfte es zuletzt im Pliozän gegeben haben, vor etwa drei Millionen Jahren. Die Flora und Fauna von damals ist nicht mit der heutigen Situation vergleichbar. Menschen sollten er 2,8 Millionen Jahre später auf der Erde wandeln.
Klimaschutz
Nun sind alle Staaten aufgerufen, ihre CO2-Emissionen so rasch wie möglich auf null zu senken – und durch Maßnahmen wie Aufforstung das CO2 wieder aus der Atmosphäre zu holen.
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