FPÖ will Aus für die Briefwahl

700.000 Wahlkarten-Wähler sollen ab sofort nicht mehr auf diesem Weg abstimmen dürfen.

Am 21. Mai, einen Tag vor der Hofburg-Stichwahl, tat FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl kund: Wegen der vielen Wahlkarten gelte es, "wachsam zu sein". Am Wahlabend befand der unterlegene FPÖ-Kandidat Norbert Hofer: "Bei den Wahlkarten wird ja immer so ein wenig eigenartig ausgezählt."

Das war der verbale Vorbau für das, was dann geschah. 759.968 Österreicher – um fast 217.000 mehr als beim ersten Durchgang am 24. April – nützten die Briefwahl, davon knapp 40.000, die im Ausland leben. 740.339 dieser Stimmen waren gültig. 61,8 Prozent davon entfielen auf den Grünen Alexander Van der Bellen; 38,2 Prozent auf Hofer.

Briefwahl "aussetzen"

Mittlerweile gibt es ein Höchstgerichtsverfahren zu den Briefwahlstimmen, initiiert von den Blauen. Sie hoffen, dass die 14 Verfassungsrichter in ihrem Sinne urteilen – und erneut gewählt werden muss. Ende September oder Anfang Oktober könnte das sein. Weil das Briefwahl-System in der kurzen Zeit gesetzlich nicht zu ändern sein wird, würden die jetzigen Spielregeln gelten.

Die FPÖ will das nicht: Die Briefwahl sollte "ausgesetzt werden", sagt ihr Verfassungssprecher Harald Stefan dem KURIER. Und er bekräftigt das, was Parteichef Heinz-Christian Strache schon vor der Höchstgerichtscausa gefordert hat: Mit der Briefwahl im Inland müsse Schluss sein; nur Auslandsösterreicher sollten weiterhin auf diese Art abstimmen können.

Stefans Begründung: "Die Briefwahl widerspricht den Grundsätzen des Wahlrechts – geheim, persönlich, unbeeinflusst." Im Wahllokal werde "ein Riesenaufwand betrieben", dass all das gewährleistet sei. "Bei der Briefwahl ist es das nicht. Man weiß nicht, ob der Wahlberechtigte selbst den Stimmzettel ausfüllt, ob nicht jemand gezwungen wird, so oder so zu wählen, ob nicht in Gruppen gewählt wird, ob die Karte auf dem Postweg nicht verloren geht", sagt Stefan. Zu kranken und bettlägrigen Menschen könnten "fliegende Wahlkommissionen" kommen: "Da brauche ich die Briefwahl nicht."

"Briefwahl ist zur Normalität geworden"

Das Argument, dass durch die Briefwahl die Beteiligung steige, ist für Stefan nicht stichhaltig: "Die Briefwahl (die es seit 2007 gibt) war für Ausnahmefälle vorgesehen. Sie ist aber zur Normalität geworden. Viele sagen: Das ist so angenehm. Das wird aus Bequemlichkeit so gemacht." Es sei zumutbar, "zehn Minuten zu einem Wahllokal zu gehen. Und für Leute, die am Wahltag nicht da sind, weil sie etwa urlauben, könnte es einen zweiten Wahltag geben", meint der FPÖ-Abgeordnete. Sollte die Hofburg-Wahl erneut stattfinden, werde er jedenfalls "im privaten Umfeld erneut appellieren", nicht mittels Brief zu votieren

Die Briefwahl gibt es in vielen Ländern, so auch in Deutschland und der Schweiz. Im kleinen Nachbarland schon seit 20 Jahren. Mehr als 80 Prozent der Schweizer geben auf diese Weise die Stimme ab.

Heute ist wieder Hochbetrieb im Höchstgericht. Das Wahlanfechtungsverfahren geht weiter. Vergangene Woche haben die 14 Verfassungsrichter 67 Zeugen – Bezirkswahlbehördenvertreter und Beisitzer von Parteien – zum Briefstimmauszählungsprocedere der Hofburg-Stichwahl befragt.
Nun werden die Rechtsvertreter gehört: die Anwälte des Anfechtungswerbers FPÖ, Dieter Böhmdorfer und Rüdiger Schender; die Bundeswahlbehörde, vertreten von Oberwahlleiter Robert Stein; detto die Advokaten von Wahlsieger Alexander Van der Bellen als mitbeteiligte Partei.
An den ersten Verhandlungstagen hatte sich nach den Zeugenaussagen gezeigt: Wahlkarten wurden teils zu früh „geschlitzt“, Briefwahlkarten vor der Frist – Montag, ab 9.00 Uhr – aussortiert. Schlampereien und Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften kamen zu Tage.

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