Wahlkrimi um die Kleinparteien
Der Wahlkampf befindet sich in einer neuralgischen Phase. Nach langjährigen Erfahrungen beginnen sich zwei bis drei Wochen vor der Wahl grob die Konturen des Ergebnisses abzuzeichnen. Die aktuellen Bewegungen im Meinungsbild können sich bis zum Wahltag verstärken oder abschwächen.
Sollten sich die aktuellen Bewegungen verstärken, wird der Wahltag extrem spannend. Das sagen mehrere Meinungsforscher zum KURIER. Der Grund: Im Spektrum der Kleinparteien bewegt sich derzeit einiges.
Frank Stronach verliert markant, liegt aber noch sicher über der Vier-Prozent-Einzugshürde ins Parlament. Seine oft wirren Fernsehauftritte haben den Milliardär entzaubert – kein Wunder, dass ihn das Team Stronach von einigen Diskussionsrunden abzieht.
Hans Peter Haselsteiner hat mit seiner Ankündigung, als Wirtschafts- und Finanzfachmann in die Regierung zu gehen, den Neos einen Schub verpasst. „Sie haben eine reale Chance, ins Parlament zu kommen“, sagt OGM-Chef Wolfgang Bachmayer.
Weil Josef Bucher die Fernsehbühne bisher gut genutzt hat, steigen sogar die Werte des BZÖ an. Zwar ist die Marke BZÖ skandal-geschädigt, aber Bucher hat vorgesorgt. Auf dem Stimmzettel wird stehen: „BZÖ-Liste Josef Bucher“. Buchers Chancen sind allerdings deutlich schlechter als die der Neos.
Aufgrund der neuen Bewegungen wollen die Meinungsforscher nicht mehr gänzlich ausschließen, dass mehrere Kleinparteien ins Parlament kommen. „Und dann gerät die Mehrheit der rot-schwarzen Koalition ins Wanken“, sagt Bachmayer. Vorhersagen lässt sich das in Umfragen nicht, denn der Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg kann minimal sein. Bachmayer: „Wenn wir vier Prozent vorher sagen, und die betreffende Partei landet bei 3,8 Prozent, ist das statistisch gesehen ein Volltreffer. Politisch liegen aber Welten dazwischen: Mit vier Prozent ist man im Parlament, mit 3,8 Prozent draußen.“
Genau das kann den Wahlabend – und vielleicht sogar die Auszählung der Briefwahlstimmen – zum Krimi machen. Verfehlen die Kleinparteien die Einzugshürde knapp, können sich die anderen Parteien über Mandatsgeschenke freuen.
Je mehr Kleine jedoch die Hürde überspringen und die Nationalratssitze selbst besetzen, umso enger wird es für die Regierungsmehrheit. Und damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Rot-Schwarz doch einen dritten Partner in die Koalition nehmen muss.
Was tut sich abseits der Kleinparteien? SPÖ und ÖVP liegen derzeit gemeinsam in einer Bandbreite zwischen 52 und 49 Prozent, wobei die SPÖ stabil den ersten Platz hält. Die SPÖ ist von dem Stimmenkarussell zwischen Stronach, Haselsteiner und Bucher wenig berührt.
Der Kampf um den dritten Platz, den Grünen-Chefin Eva Glawischnig ausgerufen hat, scheint entschieden. Die FPÖ wird ihn verteidigen, die Grünen dürften viertstärkste Partei bleiben. Darauf deuten gleich zwei neue Entwicklungen hin: Der Zulauf zu den Grünen verliert neuerdings an Dynamik, während die FPÖ Tritt fasst und erstmals über ihrem Ergebnis von 2008 liegt.
Heinz-Christian Strache kann mit einem Zweier vor dem Wahlresultat rechnen, was ein Zugewinn von etwa drei Prozentpunkten wäre. Mit dem Erstarken der FPÖ ist auch klar, dass der Abstand zwischen ÖVP und FPÖ, der auf Basis des Wahlergebnisses 2008 gute acht Prozent beträgt, schrumpfen wird.
Fix ist: Die verbleibenden zwei Wochen und TV-Duelle können bei einer derart knappen Ausgangslage noch Entscheidendes bewegen.
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