International agierende Konzerne wie der börsenotierte Kran-Hersteller Palfinger erklären offen und durchaus verzweifelt, dass sie für ihre Schlüsselarbeitskräfte Impfdosen aufstellen müssen. Die internationale Konkurrenz schaffe das, so heißt es. Und als quasi ungeimpfter Konzern leide man unter einem veritablen Wettbewerbsnachteil.
Experten warnen freilich vor solchen Versuchen. Derzeit ist es für Private de facto unmöglich, in Eigenregie Impfungen zu organisieren – nur Staaten bekommen diese. Und das bedeutet im Umkehrschluss: Jede am freien Markt erhältliche Impfung ist entweder eine Fälschung oder wurde illegal beschafft.
Aber zurück nach Österreich.
Auch am Dienstag wurde der Kanzler nicht müde zu sagen, dass er mit Vielem hierzulande so gar keine Freude hat. Und das liegt nicht allein daran, dass von der Ärztekammer bis zur Opposition massive Kritik am Impftempo kommt. „Geht es in der Geschwindigkeit weiter, dann dauert es noch viele Monate, bis alle Menschen in Österreich zwei Impfungen erhalten haben“, befundete der Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte, Dietmar Baumgartner. Und für Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker ist es schlicht „unfassbar, dass zigtausende Dosen kostbarster Impfstoff ungenutzt herumliegen“.
Diesbezüglich weiß sich der Pinke ausgerechnet mit dem Kanzler eines Sinnes. Denn auch Kurz magerlt es gewaltig, dass Länder wie Kärnten besonders schnell impfen und auffallend wenig Impfstoff bunkern, während Bundesländer wie Salzburg fast ein Viertel aller ausgelieferten Impfungen in Lagern halten.
Für das Gesundheitsministerium sind die Zahlen leicht erklärt. „Die Lager-Stände bei den Impfdosen sind Momentaufnahmen eines Tages, und als solche muss man sie auch einordnen“, sagt ein Sprecher von Gesundheitsminister Rudolf Anschober.
So sei es logisch nachvollziehbar, dass die Lager an manchen Tagen in manchen Bundesländern voller sind. Die Erklärung: Einzelne Bundesländer planen an einzelnen Tagen größere Impf-Aktionen. „Damit werden an einem Tag mit einem Schwall besonders viele Menschen geimpft. Die nötigen Impfdosen muss man vorher aber zurückhalten“, sagt der Sprecher.
Ganz grundsätzlich habe die EU-Gesundheitsbehörde ECDC Österreich aber attestiert, im europäischen Vergleich gut dazustehen. Fast 80 Prozent der gelieferten Impf-Dosen sind laut ECDC in Österreich verimpft. Und diesen Wert schlagen nur sechs europäische Länder, darunter Dänemark.
Also doch alles paletti? Mitnichten. Zum einen befürchtet die Bundesregierung, dass die Länder mit den enormen Mengen an Impfstoff, die ab April ins Land geliefert werden, überfordert sein könnten.
Die Volumina sind tatsächlich beeindruckend: Laut dem KURIER vorliegenden Informationen rechnet das Gesundheitsministerium allein von Pfizer, Moderna und Astra Zeneca mit 1,8 Millionen Dosen pro Monat. Das bedeutet: Nur mit diesen drei Impfstoffen allein könnte man fast eine Million Menschen impfen; 220.000 Dosen von Johnson & Johnson sind hier noch nicht eingerechnet (Zum Vergleich: Seit Ende Dezember wurden insgesamt 670.000 Menschen geimpft).
Mittel- und langfristig ist damit trotzdem nur bedingt etwas gewonnen. Denn Experten rechnen damit, dass Österreich allein 30 Millionen Impfdosen benötigt, um die Bevölkerung vor der zweiten Generation eines mutierten Coronavirus zu schützen. Und das, so richtete Kanzler Kurz der EU-Kommission vergleichsweise unfreundlich aus, wolle man nicht unbedingt im Verbund mit der Union bewerkstelligen, sondern lieber mit „First Movern“ wie Dänemark und Israel.
Die EU-Kommission kommentiert die dänisch-österreichische Reise trotz allem gelassen. Man sei, so erklärte ein Kommissionssprecher, sehr daran interessiert, was Österreich in Israel so lerne.
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