Akten-Leaks: Kurz geht nicht davon aus, aussagen zu müssen

Bundeskanzler Sebastian Kurz
Auf Puls24 sagte der Bundeskanzler, er würde "natürlich" unter Wahrheitspflicht aussagen. In puncto VfGH-Präsidentschaft erklärte er in der "ZiB2", er wolle dem Vorschlag Van der Bellens folgen.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte mit einer Randbemerkung nach der "Aussprache" mit Standesvertretern der Staatsanwälte am Montag gesorgt. Zwei "hochrangige" Journalisten hätten ihm erzählt, dass ihre Redaktionen Akten auch von Staatsanwälten bekommen hätten, sagte Kurz.FPÖ und NEOS kündigten umgehend Anzeigen gegen unbekannte Staatsanwälte wegen mutmaßlichen Amtsmissbrauchs an, mit Kurz und den "unter Wahrheitspflicht bekannt zu gebenden" (FPÖ) Journalisten als Zeugen. 

Kurz zu Leaks aus der Staasanwaltschaft

"Journalisten nicht outen"

Kurz sagte daraufhin im Interview mit Puls24, dass er "natürlich unter Wahrheitspflicht aussagen" würde. Er geht aber davon aus, dass es nicht dazu kommen werde, "weil es zu unspezifisch ist". Außerdem hält es der Bundeskanzler für "nicht sinnvoll", einen Journalisten zu outen, "nur weil er besonders mutig war und sich in den Dienst der Sache gestellt und mir das gesagt hat".

Opposition fordert Belege

"Wenn er öffentlich sagt, dass ihm Medienvertreter erzählt haben, dass sie Infos aus der StA erhalten, dann darf das nicht vertraulich bleiben", meinte hingegen Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger auf Twitter.

Die SPÖ hatte Kurz zudem in einer schriftlichen Anfrage aufgefordert, seine Behauptungen "zu belegen oder sie öffentlich zu widerrufen". Unter Hinweis, dass Kurz zur wahrheitsgemäßen Beantwortung verpflichtet sei, fragt ihn die SPÖ, welche Journalisten wann und in welchem Rahmen diese Äußerungen getätigt hätten - und warum er nicht Anzeige erstattet habe. Außerdem weist die SPÖ Kurz darauf hin, dass "der fälschliche Vorwurf einer strafbaren Handlung selbst eine strafbare Handlung darstellt (Verleumdung)".

Parteichefin Pamela Rendi-Wagner erweiterte dies auf Twitter noch: "Das Verbreiten von falschen Gerüchten ist Verleumdung. Das Nicht zur Anzeige-Bringen von strafbaren Handlungen ist Unterlassung. Was jetzt, Herr Kurz?"

Die unerlaubte Weitergabe von Akten durch Amtsträger - also Staatsanwälte - könnte als Amtsmissbrauch oder auch als Verletzung des Amtsgeheimnisses erachtet werden. Auf Amtsmissbrauch stehen laut Paragraf 302 Strafgesetzbuch sechs Monate bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe, für Verletzung des Amtsgeheimnisses drohen laut Paragraf 310 StGB bis zu drei Jahre Haft.

"Viel zusammengekommen"

In Bezug auf die WKStA erneuerte Kanzler Kurz am Montagabend im Interview in der ZiB2 seine Kritik und verwies auf dessen Rolle in der BVT-Causa und "medienwirksam" geführte Verfahren. Er selbst halte jedenfalls jegliche Einflussnahme für "furchtbar". 

Gefragt danach, warum Kurz die Justiz erst jetzt – wo das Justizministerium nicht mehr bei der ÖVP, sondern bei den Grünen liegt – kritisiere, sagte Kurz, dass „in der letzten Zeit viel zusammengekommen" sei. Man könne das Gefühl haben, dass viele Verfahren "nicht nur zu lange dauern, sondern es auch zu einer medialen Vorverurteilung kommt“, erklärte Kurz. 

Dass es sich bei Kurz’ Vorstoß um eine Strategie handeln könnte, um möglichen Anklagen in der Causa Casinos auch gegen ÖVP-nahe Personen den Wind aus den Segeln zu nehmen, wies der Bundeskanzler zurück. Er habe in dem Hintergrundgespräch lediglich Fragen von Journalisten beantwortet, und die von ihm angesprochenen Punkte könne er belegen.

Bei dem "guten" Termin im Kanzleramt habe man wichtige Schritte für die Justiz setzen können, meinte Kurz. Zu konkreten Budgetzahlen wollte sich Kurz aber nicht äußern. Man wolle jedenfalls „eine gut ausgestattete Justiz“. Übergangs-Justizminister Clemens Jabloner hatte von einem Mehrbedarf von 90 Millionen Euro gesprochen, die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, Cornelia Koller, sprach von 150 Millionen Euro.

VfGH-Präsident: Entscheidung "zeitnah"

In der ZiB2 ließ Kurz zudem mit Aussagen zur Bestellung des neuen VfGH-Präsidenten aufhorchen. Er wolle versuchen, den von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Ex-Verfassungsgerichtshof-Chefin Brigitte Bierlein für am besten gehaltenen Kandidaten zu ernennen. Die Entscheidung darüber werde zeitnah fallen.

Klarer Favorit ist Christoph Grabenwarter, der seit dem zwischenzeitlichen Avancement Bierleins zur Bundeskanzlerin den Gerichtshof interimistisch leitet. Zu besetzen sein wird im Fall der Kür Grabenwarters auch ein Vize-Präsident und jedenfalls ein Richterposten. Kurz ging davon aus, dass die Grünen hier einen Vorschlag für die neue Vertretung am Höchstgericht nennen werden.

Schreddergate: "In medizinischer Behandlung"

Indes gab Kurz in der ZiB 2 auch bekannt, dass das Verfahren gegen jenen Mitarbeiter, der im Mittelpunkt der Schredder-Affäre stand, eingestellt wurde. Das Verfahren sei in allen Punkten eingestellt worden, hieß es aus der ÖVP unter Berufung auf den Anwalt des Parteimitarbeiters, der Dokumente aus dem Kanzleramt von einer professionellen Firma unter falschem Namen vernichten hatte lassen. 

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