Verschlusssache Pilnacek: Sektionschef kämpft gegen Geldstrafe
Fast zwei Monate ist es her, dass Christian Pilnacek, der in Ungnade gefallene Sektionschef im Justizministerium, vor einem Senat der Bundesdisziplinarbehörde stand. Von zwei Vorwürfen wurde er freigesprochen, in einem Punkt zu einer Geldstrafe verurteilt.
Diese Geldstrafe bekämpft Pilnacek, wie das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am Freitag auf KURIER-Anfrage bestätigt: Ein Verfahren ist anhängig. Soweit zum offiziellen Teil. Zur Frage, ob Pilnaceks Suspendierung fortgesetzt werden soll, hat der Disziplinarsenat im Anschluss an das Urteil im April noch in geheimer Sitzung beraten.
Die Entscheidung ist ein gut gehütetes Geheimnis. Und das hat seinen Grund.
Pilnacek ist seit Februar 2021 mit Vorwürfen des Amtsmissbrauchs und des Geheimnisverrats konfrontiert. Die Karriere des einst hoch angesehenen Spitzenjuristen liegt in Trümmern.
Umso genauer schaut Pilnacek jetzt hin, wie seine „Gegner“ mit Geheimnissen und dem Schutz seiner Persönlichkeitsrechte umgehen. Pilnacek selbst gibt keine Medienauskünfte, auch seinem Anwalt hat er ein Schweigegelübde auferlegt. Und bei seinem Arbeitgeber, dem Ministerium, heißt es nur: „Wir bitten um Verständnis, dass zu laufenden Disziplinarverfahren keine Auskünfte erteilt werden.“
Warnung
Bis dato hält die Verschwiegenheit: Niemand will sich dem Risiko aussetzen, später von Pilnacek als undichte Stelle angeprangert zu werden.
Bei der Verhandlung vor der Disziplinarbehörde sprach er bereits Vorwürfe in diese Richtung aus: Angesichts des Medienandrangs und der Medienberichte im Vorfeld zeigte er sich verwundert (um nicht zu sagen: verärgert) und fragte, woher diese Informationen wohl gekommen seien.
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Und er erzählte – was wie eine Warnung klang –, dass er schon einmal eine Beschwerde bei der Datenschutzbehörde eingebracht habe, weil das Justizministerium seine personenbezogenen Daten (in Form seiner Chats) über den U-Ausschuss öffentlich gemacht habe.
Verlängerung
Beobachter gehen davon aus, dass die Suspendierung verlängert wurde. Ein möglicher Grund ist, dass gegen Pilnacek noch ein Strafverfahren in Innsbruck läuft.
➤ Mehr dazu hier: Pilnacek im Endlos-Kampf gegen eine Justiz, die ihn verstoßen hat
So soll er 2019 eine Hausdurchsuchung bei Investor Michael Tojner verraten haben (das war 2021 auch der Anlass für die Suspendierung, siehe Infobox). Die Ermittlungen ziehen sich in die Länge, weil der Mitbeschuldigte, Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter, sein Handy versiegeln ließ.
Februar 2021
Die Staatsanwaltschaft Wien besucht Christian Pilnacek in seinem Büro und stellt sein Handy sicher. Der Grund: Pilnacek soll 2019 eine Hausdurchsuchung bei Investor Michael Tojner verraten haben. Am selben Tag wird er vom Justizministerium vorläufig suspendiert.
März 2021
Die Bundesdisziplinarbehörde hebt die vorläufige Suspendierung auf, das Justizministerium ficht dies aber an und bekommt beim Bundesverwaltungsgericht recht. Erschwerend kam dazu, dass inzwischen neue Vorwürfe aufgetaucht sind. Pilnacek bekämpft die Suspendierung in dritter Instanz beim Verwaltungsgerichtshof, scheitert aber.
November 2021
Das Straflandesgericht Wien spricht Pilnacek vom Vorwurf des Geheimnisverrats frei. Der Freispruch wird später vom Oberlandesgericht bestätigt.
April 2023
Disziplinarrechtlich wird Pilnacek in zwei Fällen frei- und in einem Fall schuldig gesprochen. Offen ist noch die Causa Tojner.
Diese Causa alleine könnte schwer genug wiegen. Eine Suspendierung ist laut Gesetz dann zulässig, wenn „der begründete Verdacht einer Dienstpflichtverletzung besteht, die ihrer Art nach das Ansehen des Amtes oder dienstliche Interessen gefährden kann“.
Dass Pilnacek die (mutmaßliche) Verlängerung seiner Suspendierung bekämpft hat, gilt als unwahrscheinlich. Die Beschwerdefrist ist bereits Ende Mai abgelaufen, mit Stand Freitag ist bei der zuständigen Instanz, dem BVwG, aber noch nichts eingelangt.
Geldstrafe
Beim Gericht gibt es nur, wie zuvor erwähnt, ein Verfahren bezüglich der Geldstrafe, die ihm die Bundesdisziplinarbehörde im April aufgebrummt hat. Die Geldstrafe beträgt rund 11.000 Euro – das entspricht einem Monatsgehalt des Sektionschefs.
Verhängt wurde sie wegen einer „schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung“. Pilnacek hatte den damaligen Kabinettschef von Finanzminister Gernot Blümel im Februar 2021 via Chat beraten, wie er gegen eine Sicherstellungsanordnung der WKStA vorgehen soll und deren Aktion als „Putsch“ bezeichnet. Dieses Verhalten könne „das Vertrauen der Bevölkerung in die Verwaltung erheblich beschädigen“, so das Urteil.
Möglich ist aber auch, dass die Suspendierung eigentlich aufgehoben wurde und die Gegenseite, das Justizministerium, dagegen Beschwerde eingelegt hat. Auch das hätte dazu geführt, dass das Verfahren weiterhin offen und die Suspendierung aufrecht ist. Im Büro sitzt Pilnacek jedenfalls nicht.
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