Verhandelt Österreich bald mit Taliban? Nehammer will "sehen, was möglich ist"

Verhandelt Österreich bald mit Taliban? Nehammer will "sehen, was möglich ist"
Innenminister kritisiert EU-Kommission scharf und bleibt dabei: Es gibt keinen Abschiebe-Stopp. Man müsse abwarten, was die weitere Entwicklung bringt.

"Schockiert" zeigte sich Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Wochenende über den Vorschlag von EU-Innenkommissarin Ylva Johansson. Sie sagte, man müsse Fluchtwege aufmachen für Menschen in Afghanistan, die besonders gefährdet sind - etwa Frauen- oder Menschenrechtsaktivisten. Was daran so schockierend ist?

Johansson sei von den Innenministern der EU-Mitgliedsstaaten aufgefordert worden, "keine falschen Signale zu senden", erklärt Nehammer am Montag im Ö1-"Morgenjournal". Das vereinbarte Wording lautete: Hilfe vor Ort, Stabilisierung der Region, UNHCR stärken. 

Die Innenkommissarin habe aber "verwaschene Botschaften" gesendet, indem sie von "gesicherten Fluchtrouten" sprach. Die ersten, die von solchen Botschaften profitieren würden, seien Schlepper und die organisierte Kriminalität, mahnte Nehammer. 

Auf die Frage, ob Österreich an einem Resettlement-Programm der EU teilnehmen würde, sagte der Innenminister, die Frage stelle sich für Österreich nicht. Bisher seien 44.000 Afghanen aufgenommen worden, heuer laufen bei dieser Gruppe 2.500 Asylverfahren.

Auch bei jenen 400 Ortskräften und deren Familien, die in Afghanistan für die EU gearbeitet haben, müsse das primäre Ziel sein, so Nehammer, sie in der Region zu halten. Auch, damit sie in einem gesicherten Raum weiter für die EU tätig sein können. 

"Kein genereller Abschiebe-Stopp"

Was das Thema Abschiebungen betrifft, bleibt Nehammer ebenfalls bei seiner Botschaft: "Es gibt keinen generellen Abschiebe-Stopp". Österreich werde weiterhin nach europäischem Recht abschieben - erst kürzlich gab es einen Charterflug nach Rumänien. 

Afghanistan: Eskalation, Evakuierung und Widerstand

Mit der früheren afghanischen Regierung hatte die EU ein Rücknahme-Abkommen. Will Österreich nun mit den Taliban verhandeln - jener radikalislamischen Organisation, die in den vergangenen Wochen im Land die Macht ergriffen hat? Nehammer im Ö1: "Wir werden sehen, was die Entwicklung bringt und was dann nach der Europäischen Menschenrechtskonvention möglich ist."

Humanitäre Hilfe 

Zum Thema "Hilfe vor Ort" soll nächste Woche eine Videokonferenz mit den Nachbarländern Turkmenistan, Tadschikistan und Usbekistan stattfinden. Nehammer will in erster Linie einen "offenen Dialog" führen, was diese Länder an humanitärer Hilfe brauchen, um Flüchtlinge aus Afghanistan aufzunehmen. 

"Die EU-Kommission muss schnell handeln, die UNHCR muss massiv unterstützt werden", sagt Nehammer. Bei den bisher zugesagten finanziellen Mitteln dürfe es aus seiner Sicht nicht bleiben. 

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