Um 961 Millionen Euro wurde die Buwog 2004 an die Immofinanz verkauft. Nur eine Million Euro lag die Immofinanz mit ihrem Angebot vor dem Mitbieter. Meischberger kassierte dafür eine Provision von 9,6 Millionen, die er sich laut Staatsanwaltschaft mit Grasser und Ernst Karl Plech teilte.
Der erste Wendepunkt passierte am 15. 12. 2017 – es ist der vierte Prozesstag. Peter Hochegger kündigt sein Teilgeständnis an. Der Ex-Lobbyist behauptet, dass ihm der Vermögensberater von Meischberger bei einem Gespräch Anfang September 2006 im Hotel am Stephansplatz verraten habe, dass drei Konten für Grasser, Meischberger und Ernst Karl Plech eröffnet wurden, um die Buwog-Provision von 9,6 Millionen aufzuteilen.
Fünf Tage dauerte die Aussage von Hochegger vor Gericht. Grassers Anwälte konterten nur wenige Tage später. Sie beweisen, dass zwei der drei Konten zum Zeitpunkt des Gesprächs noch gar nicht eröffnet waren. Hochegger schilderte aber, dass ihm auch die Kontennummern gezeigt wurden, was zum Zeitpunkt des Gesprächs also noch gar nicht möglich gewesen sein konnte. Damit war das Teilgeständnis stark entkräftet.
18 Monate später, am 120. Verhandlungstag, widerspricht dann auch Meischbergers Vermögensberater, Christoph W., Hocheggers Schilderung. Er habe nie sein Bankengeheimnis verletzt, und auch die Daten stimmen nicht.
Am 80. Tag kommt Grassers Ex-Kabinettchef und der ehemalige Leiter der Buwog-Vergabe Reinhard Traumüller in den Zeugenstand. Allein er muss vier Tage Rede und Antwort stehen. Er stützt die Aussagen von Grasser und meint, die Vergabe sei korrekt abgelaufen.
Ganz anders schaut die Schilderung von Grassers Ex-Mitarbeiter Michael Ramprecht aus. Ramprecht war aber nie direkt in die Vergabe der Buwog involviert. Er berichtet von einem Tennismatch mit Plech, bei dem ihm dieser erzählt haben soll, dass "hinter dem Plan Grasser stecke". Allerdings präsentierte sich Ramprecht wenig glaubwürdig, eher von Rache getrieben, weil ihm Grasser seinen Vertrag im Finanzministerium seinerzeit nicht verlängerte. Sätze wie "Grasser sitzt jetzt genau da, wo ich ihn haben wollte" fallen vor Gericht.
Das Fundament der mehr als 800 Seiten starken Anklage ist der sogenannte Tatplan, den wiederum Hochegger bei einem Treffen im Hotel Bristol im Jahr 2000 Willibald Berner, dem Ex-Kabinettchef im Infrastrukturministerium, auf einer Serviette skizziert haben soll. Hochegger bestreitet das vehement. Grasser, Meischberger, Plech und Hochegger wollen bei den diversen Privatisierungen die "Republik ausrauben". Bei seiner Aussage am 24. Juli 2019 (102. Verhandlungstag) gibt er auch interessante Einblicke in die Arbeitsweise der Staatsanwaltschaft. So gibt Berner "freimütig" bekannt, dass er den Staatsanwalt vorab getroffen hat, um ihn zu "testen" – wenn er kein "gutes Gefühl" gehabt hätte, hätte er keine Aussage gemacht.
Am 114. Verhandlungstag gibt Bruno Ettenauer, der Ex-Vorstand des unterlegenen Mitbieters CA-Immo, vor Gericht Auskunft. Hier stand die Entstehung des Angebots im Mittelpunkt. Ettenauer schloss zwar ein Leck aus, aber es kam ans Tageslicht, dass zahlreiche Personen involviert waren – was wiederum die These der Verteidigung stützt, dass nicht nur Grasser allein die Info über den Kaufpreis hatte und diesen an Meischberger verriet.
Da die freie Beweiswürdigung gilt, wird es spannend, welchen Zeugen der Schöffensenat glaubt.
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