"Unerträglich", "Rechtsstaat wankt": Justizexperten wegen Pilnacek empört

Auch Justizministerin Alma Zadić fand am Mittwoch deutliche Worte.

"Sämtliche rote Linien" seien überschritten, die Justiz befinde sich "im Würgegriff der ÖVP": Die Oppositionsparteien SPÖ und Neos sehen wegen bekannt gewordener Chatnachrichten des suspendierten Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek die Grünen in der Pflicht.

Justizministerin Alma Zadić (Grüne) reagierte am Mittwoch. Sie meinte in Richtung Pilnacek, ohne diesen namentlich zu nennen, dass sie sich von Spitzenbeamten der Justiz erwarte, „dass sie allen Institutionen des Rechtsstaats und insbesondere dem Verfassungsgerichtshof den gebührenden und gebotenen Respekt entgegenbringen“.

Aufgabe von Beamten sei es, so Zadić, "dem Rechtsstaat und den Menschen in Österreich zu dienen". Zudem müssten Justizvertreter wachsam gegenüber jeder Form von Diskriminierung, Herabwürdigung und Ausgrenzung sein. "Wer rassistische und frauenfeindliche Ansichten vertritt, wer andere Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihres Geschlechts herabwürdigt, beschädigt das Ansehen der unabhängigen Justiz", so Zadić.

Der Zusammenhang mit Pilnacek: Am Tag des VfGH-Urteils zum Thema Kopftuchverbot und Sterbehilfe – dem 11. Dezember 2020 – schrieb Pilnacek an Ex-Justizminister und Verfassungsrichter Wolfgang Brandstetter: "einen (sic!) vom VfGH fehlgeleiteten Rechtsstaat kann man nicht mehr dienen."

Matejka: "Ein herber Schlag"

Auch gegen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sind einige Nachrichten Pilnaceks gerichtet. Unter anderem schrieb er einem Geschäftspartner: "wer unternimmt was gegen diese missratene StA????"

Sabine Matejka, Vorsitzende der Richtervereinigung, zeigte sich in der ZiB2 "schockiert". Das Bild, das in der Öffentlichkeit von der Justiz gezeichnet werde, sei ein herber Schlag: "So sind wir nicht." Auch "unsachliche Anschuldigungen" der ÖVP in der Öffentlichkeit, etwa über Pressekonferenzen, weise sie zurück: "Ich glaube es gibt genügend andere Wege sich zur Wehr zu setzen als Beschuldigter", sagte Matejka und stellte fest: "Ich halte es für höchst bedenklich, wie man derzeit mit den rechtsstaatlichen Institutionen umgeht." Sie fordere eine "Abrüstung der Worte".

Der Rechtsstaat werde "immer wieder ins Wanken gebracht" durch diese Attacken, aber momentan würden noch genügend Personen zu ihm halten, sagte Matejka.

Mayer: "Unerträglich"

Rund um die ÖVP-Schredderaffäre im Jahr 2019 meinte Pilnacek zudem ebenfalls im Chat mit Brandstetter: "Uns fehlt ein Trump." "Wenn zwei Personen am Biertisch so reden", sei das vielleicht noch verständlich, sagte Verfassungsjurist Heinz Mayer auf Puls24. Bei zwei so hohen Repräsentanten der Justiz sei es hingegen "unerträglich": "Es hat mich wirklich getroffen, weil ich kenne beide schon sehr lang."

Gegen Pilnacek wird wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs ermittelt. Er soll eine Hausdurchsuchung vorab verraten haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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