Tursky als VP-Kandidat für Innsbruck?

Johannes Rauch, Florian Tursky
Grabenkämpfe in der Innsbrucker ÖVP vor Gemeinderatswahlen im April 2024.

Die Innsbrucker Gemeinderatswahl ist zwar erst im April 2024, aber in der Innsbrucker ÖVP geht es bereits drunter und drüber, es tobt offenbar ein Kampf um die Spitzenkandidatur. Vize-Bgm. Johannes Anzengruber richtete LH und Parteichef Anton Mattle in einem "Offenen Brief" aus, Bürgermeisterkandidat werden zu wollen und drängt auf eine Mitgliederbefragung. Die Partei will ihn aber offensichtlich nicht, und reagierte verärgert. Heiß gehandelt: Staatssekretär Florian Tursky.

Dieser wartete am Montag bei einer Pressekonferenz in der Landeshauptstadt zum Thema "Digitalisierung in der Landwirtschaft", gefragt nach einer möglichen Kandidatur, erneut weder mit einem "Ja" noch einem "Nein" auf. "Die Diskussion über Köpfe werden wir später führen", sagte der 35-Jährige. Jetzt gehe es um inhaltliche Gespräche mit allen "bürgerlichen Kräften" für ein breites "bürgerliches Bündnis". Und dann ließ Tursky noch in Richtung Grünen-Bürgermeister Georg Willi wissen: "Ich bin Innsbrucker und mir tut weh, was in den letzten fünf Jahren in der Stadt passiert ist." In Innsbruck war eine Viererkoalition mit ÖVP-Beteiligung bereits vor Jahren auseinandergebrochen. In der Stadtpolitik herrschen großteils Grabenkämpfe vor.

Flucht nach vorne

Zuletzt hatte die Tiroler Tageszeitung berichtet, dass Tursky, früherer Büroleiter von Altlandeshauptmann Günther Platter, intern klargemacht habe, nur dann als Herausforderer Willis zur Verfügung zu stehen, wenn die Innsbrucker Volkspartei geschlossen hinter ihm stehe. Dabei zielte er offenbar vor allem auf den Wirtschaftsbündler Anzengruber. Um Letzteren kursieren zudem beständig Gerüchte, er würde mit einer eigenen Liste kandidieren, sollte ihn Stadt- wie Landespartei nicht als Frontmann ins Wahlrennen schicken (wollen). Dass letzteres der Fall ist, gilt als offenes Geheimnis. Dem vor ein paar Jahren als Quersteiger in die Stadtpolitik gewechselten Anzengruber wird nicht zugetraut, Willi wirklich aus dem Amt kegeln zu können.

Doch der frühere Almpächter will offenbar nicht klein beigeben und sucht sein Heil nunmehr im öffentlichen Vorpreschen. In dem Schreiben an Mattle, den "lieben Toni", über das ORF Tirol und die Online-Ausgabe der TT berichteten, bekräftigte er, Spitzenkandidat werden zu wollen. Und auch, für den Stadtparteiobmann im Herbst antreten zu wollen. Mattle will Stadtparteiobmann - derzeit hat die Position noch Landtagsabgeordneter Christoph Appler inne - und Spitzenkandidatur in einer Hand sehen.

"Einbindung der Basis"

Als Argument für eine Mitgliederbefragung brachte Anzengruber gegenüber Mattle vor, dass "ohne Einbindung der Basis, wie das im Übrigen bei jeder Tiroler Gemeinde der Fall ist, kein Parteiobmann und Spitzenkandidat einer Partei das nötige Vertrauen und die nötige Unterstützung erlangen kann". "Indem die Basis an der Wahl des Parteiobmannes beteiligt wird, wird demokratischen Prinzipien Rechnung getragen", meinte der Stadtvize in dem Schreiben an den Landeschef, das sich auf ein persönliches Gespräch der beiden Tage zuvor bezieht.

Nicht einverstanden ist Anzengruber indes mit der derzeitigen Vorgangsweise der ÖVP, Gespräche mit anderen Parteien für die Bildung ebenjenes "bürgerlichen Bündnisses" zu führen. Die Zusammenarbeit mit anderen Gruppierungen werde "derzeit ohne genügende Legitimation diskutiert". "Bevor man andere in das eigene Haus einlädt, sollten innerhalb der eigenen Familie alle Fragen in einem sauberen Prozess geklärt sein. Wir selbst sollten uns einig sein, was wir gemeinsam wollen. Und darauf haben auch allfällig künftige Partner ein Anrecht", schrieb der Vizebürgermeister.

Bürgerliches Bündnis

Derzeit laufen sogenannte "Sondierungsgespräche". Der Hintergrund: Es ist im Prinzip ausgemachte Sache, dass die ÖVP und die seinerzeitige bürgerliche Abspaltung "Für Innsbruck" unter der früheren Stadtchefin und jetzigen Stadträtin Christine Oppitz-Plörer mit einem gemeinsamen Bürgermeisterkandidaten gegen Willi aufmarschieren wollen. Und es ist ebenso klar, dass auch Oppitz-Plörer Anzengruber nicht als obersten Wahlkämpfer will. Über den Sommer sollen inhaltliche Gemeinsamkeiten erarbeitet werden, bis Ende des Jahres hin dann personell Nägel mit Köpfen gemacht werden. Bei diesem Zeitplan soll es APA-Informationen nach auch bleiben. Zuletzt hatte sich auch Mattle für einen "gemeinsamen Weg" mit FI ausgesprochen. "Für Innsbruck" war 1994 vom ehemaligen ÖVP-Landeshauptmann Herwig van Staa ins Leben gerufen worden, der noch im selben Jahr zum Stadtchef gewählt wurde. 2002 schaffte Van Staa schließlich den Sprung vom FI-Bürgermeister zum ÖVP-Landeshauptmann.

"Kein guter Stil"

Sehr verschnupft reagierte die Landespartei auf Anzengrubers Vorgangsweise. Landesgeschäftsführer Sebastian Kolland war "verwundert". "Nicht die Profilierung Einzelner darf jetzt im Mittelpunkt stehen, sondern das gemeinsame Ziel, nach Jahren des Stillstands und der Blockade mit einer breiten bürgerlichen Mehrheit echte Veränderung in Innsbruck zu erreichen. Themen, Inhalte und Positionen stehen jetzt im Vordergrund", wurde der Parteimanager in einer Aussendung indirekt deutlich in Richtung Anzengruber. "Verärgert" sei er darüber, dass "Inhalte eines vertraulich geführten Gesprächs in Form eines 'offenen Briefes' veröffentlicht wurden": "Das ist kein guter Stil und leider alles andere als vertrauensbildend." Die Sondierungsgespräche würden derzeit "intensiv und erfolgreich" laufen. Auch Anzengruber habe diese Vorgehensweise bei der Stadtparteileitungssitzung begrüßt und ihr zugestimmt, erinnerte Kolland den Parteifreund.

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