Türkei: Nationalrat will Waffenembargo

Türkei: Nationalrat will Waffenembargo
Sechsparteien-Antrag an Regierung vor Beschluss.

Der Nationalrat wünscht sich ein Waffenembargo gegen die Türkei. In einem von allen sechs Parteien unterstützten Antrag wird die Regierung aufgefordert, bei der Genehmigung von Exporten die "Gefahr bewaffneter Konflikte" und die Menschenrechtslage zu berücksichtigen. Eingebracht und beschlossen werden soll die (rechtlich nicht verbindliche) Entschließung im Verlauf der Budgetdebatte am Donnerstag.

Der Entschließungsantrag kritisiert das Vorgehen der türkischen Regierung gegen oppositionelle Politiker und Journalisten, gegen die kurdische Bevölkerung sowie die großtürkischen Allüren des Erdogan-Regimes. "Die Antragsteller sind daher überzeugt, dass unter diesen Umständen keinerlei Lieferungen von Kriegsmaterial, Verteidigungsgütern oder Dual Use-Gütern für militärische oder polizeiliche Zwecke in die Türkei aus Österreich erfolgen dürfen", heißt es in der Begründung des Antrags.

Daher wird die Regierung aufgefordert, bei Ausfuhranträgen nach dem Kriegsmaterial- und nach dem Außenwirtschaftsgesetz in die Türkei "die Gefahr bewaffneter Konflikte und die Gefahr, dass die gelieferten Produkte zur Unterdrückung der Menschenrechte verwendet werden, entsprechend zu berücksichtigen". Die Forderung nach eine expliziten "Waffenembargo" findet sich im Antrag allerdings nicht, weshalb auch die konkreten Folgen des Antrags offen sind.

Bestehende Regelung

Denn bereits jetzt schreibt das Kriegsmaterialgesetz vor, dass "die Aus- oder Durchfuhr nicht in ein Gebiet erfolgen soll, in dem ein bewaffneter Konflikt herrscht, ein solcher auszubrechen droht oder sonstige gefährliche Spannungen bestehen". Sowie, dass "die Aus- oder Durchfuhr nicht in ein Bestimmungsland erfolgen soll, in dem aufgrund schwerer und wiederholter Menschenrechtsverletzungen die Gefahr besteht, dass das gelieferte Kriegsmaterial zur Unterdrückung von Menschenrechten verwendet wird."

Zudem handelt es sich bei dem Entschließungsantrag lediglich um eine rechtlich nicht verbindliche Bitte an die Regierung. Dennoch zeigten sich SP-Klubchef Andreas Schieder und Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz bei der Präsentation der Initiative überzeugt, dass die Regierung sich daran halten wird. Man müsse darauf achten, "dass keine Waffen aus Österreich in der Türkei eingesetzt werden können", betonte Schieder. Dies sei auch im Sinne der Regierung. FP-Klubvize Walter Rosenkranz betonte allerdings, dass Sport- und Jagdwaffen nicht davon betroffen seien.

"Erster Schritt"

VP-Klubchef Reinhold Lopatka forderte auch die EU auf, Schritte zur Sicherung der Demokratie in der Türkei zu setzen. "Wenn die Europäische Union ernst genommen werden will, dann muss sie massiv von der Türkei einfordern, dass die Standards, die für uns Selbstverständlichkeit sind, auch für die Türkei gelten haben." Für Pilz ist die Entschließung ein erster Schritt in Richtung eines europäischen Sanktionsregimes gegen die Türkei. Auch Robert Lugar, Klubchef vom Team Stronach, sprach von einem "ersten Schritt" und einem "Signal für die Welt".

Laut Lopatka wurde "in letzter Zeit nichts" an Kriegswaffen in die Türkei geliefert. Auch aus dem Außen- und Innenministerium, die für die Einschätzung der Lage im Zielland bzw. die endgültige Genehmigung zuständig sind, hieß es am Donnerstag auf APA-Anfrage, es habe "in den vergangenen" bzw. "seit mehreren" Jahren keine Exportgenehmigungen nach dem Kriegsmaterialgesetz gegeben.

Pilz betonte allerdings, dass 2011/12 Jahren 604 Steyr-Scharfschützengewehre an die türkische Polizei verkauft worden seien. Derartige Waffen würden nun auch gegen die kurdische Zivilbevölkerung eingesetzt. Auch von Österreich an die EU weitergeleiteten Exportdaten listen für das Jahr 2013 "Militärgüter" im Wert von 2,55 Millionen Euro an die Türkei auf. Allerdings lässt sich aus der Statistik nicht herauslesen, ob bzw. wie viel davon unter das Kriegsmaterialgesetz fiel. Diese Entscheidung liegt laut Gesetzestext nämlich bei der "Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates". Eine öffentlich einsehbare Liste dazu gibt es nicht.

Forderung nach Sanktionen gestrichen

Die Verhängung von EU-Sanktionen gegen die Türkei wird in dem Antrag (anders als in einem ersten Entwurf) nicht gefordert. In der Begründung heißt es lediglich, die EU solle "geeignete Maßnahmen zur Verteidigung von Demokratie und Rechtsstaat in der Türkei vorbereiten". Sowohl Rosenkranz als auch NEOS-Chef Matthias Strolz betonten, man wolle das türkische Regime treffen, nicht die Bevölkerung.

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