Der Sozialsprecher und mächtige Gewerkschafter hatte vergangene Woche Bablers linken Kurs offen kritisiert: Die SPÖ sei nicht kampagnenfähig und müsse sich wirtschaftsfreundlicher positionieren. In Hinblick auf eine mögliche Regierungsbeteiligung dürfe die Forderung nach Vermögenssteuern nicht zu einer unüberwindbaren Hürde aufgebaut werden. Gemeint hat Muchitsch eine Koalition mit der ÖVP.
Nach einer zweitägigen Schrecksekunde konterte Babler: „In der Partei muss man sich erst gewöhnen, dass jemand Neuer an der Spitze steht, der angetreten ist, um ein klares Profil vorzugeben.“
Die nun anberaumte Pressekonferenz mutet somit wie der Versuch einer Versöhnung an. Ihr war eine wohlwollende Aussendung Muchitschs zu Bablers Arbeitsmarkt-Ideen vorausgegangen. Doch reicht das, um die Wogen wieder zu glätten? Hört man sich in den unterschiedlichen Lagern der SPÖ um, ist Skepsis angebracht.
„Es ist vollkommen unverständlich, warum ausgerechnet der FSG-Chef gegenüber der ÖVP öffentlich solche inhaltlichen Konzessionen macht“, ärgert sich ein enger Babler-Vertrauter, der namentlich nicht genannt werden möchte.
"Die Krot schlucken"
Allerdings sei bereits die jüngst von den roten Landeshauptleuten Peter Kaiser und Michael Ludwig offen zur Schau gestellte Vorliebe für eine Koalition mit der ÖVP „taktisch dumm“ gewesen. Auch wenn die SPÖ wohl letztlich „diese Krot schlucken“ werde müssen, um einen Kanzler Herbert Kickl zu verhindern, sollte man Kaiser und Ludwig „höflich ersuchen“, sich mit solchen Ansagen bis nach der Wahl zurückzuhalten, rät der Genosse.
Er sieht aber auch Versäumnisse bei Babler: „Angesichts des Verhaltens einiger Parteikollegen hätte er – im Nachhinein betrachtet – viel stärker auf den Tisch hauen sollen“, betont der Rote. „Offenbar wird man von bestimmten Alpha-Egos nur akzeptiert, wenn man selbst in Gorilla-Manier auftritt.“
Fingerzeig der Gewerkschaft
Naturgemäß anders beurteilt ein in der Gewerkschaft bestens vernetzter Genosse die jüngsten Querelen: „Muchitsch hat mit seinen Aussagen Pflöcke eingeschlagen und das war gut so.“ Schließlich habe Babler mit seinen Forderungen wie jener nach der 32-Stunden-Woche Themen aufs Tapet gebracht, die seit jeher Sache sozialpartnerschaftlicher Verhandlungen seien. Insofern hätte Babler sich vorab mit der Gewerkschaft absprechen sollen. Darauf habe Muchitsch mit seinem Fingerzeig hinweisen wollen.
Was laut dem langjährigen SPÖ-Funktionär übrigens kein ungewöhnlicher Vorgang sei. „So etwas kam schon in der Zeit von Parteichef Franz Vranitzky vor. Es ist also Entspannung angesagt“, ist er um Kalmierung bemüht.
Konservatives Wahlvolk
Dabei ist auch er nicht zufrieden mit der Ausrichtung Bablers: „Ecken und Kanten sind völlig in Ordnung. Aber die Österreicher sind eben ein konservatives Völkchen. Man kann nicht gegen den Wind Klavier spielen“, sagt der SPÖ-Mann.
Er vermisst in der Parteizentrale die Funktion des Moderators, der mit Landesparteien und Gewerkschaft engen Kontakt hält und mit dem Parteichef auslotet, was machbar ist. Dies sei die Aufgabe der Bundesgeschäftsführung, aktuell besetzt mit dem Duo Sandra Breiteneder und Klaus Seltenheim. „In ihrer Arbeit als Moderator ist noch Luft nach oben“, sagt der Genosse, „aber sie sind beide noch relativ kurz in ihrer Funktion“.
Das ist Muchitsch nicht. Er wird sich bei seinem Auftritt mit Babler Fragen stellen müssen, was ihn tatsächlich zu seiner Kritik am Parteichef veranlasst hat. Eines ist ihm damit jedenfalls schon gelungen: Das eigentliche Thema – in diesem Fall die Pensionen – rückt wie zuletzt so oft in der SPÖ in den Hintergrund.
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