Harte Muchitsch-Kritik: Rückt Gewerkschaft von SPÖ-Chef Babler ab?

Es gibt mehrere Gründe, warum sich Andreas Babler vergangenen Juni bei der Kampfabstimmung gegen Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil knapp durchsetzen konnte. Die zwei wichtigsten: Dass Wiens Bürgermeister Michael Ludwig und die Gewerkschaft sich schlussendlich auf Bablers Seite schlugen.
Wie ein überzeugter Bablerianer wirkt Ludwig nach wie vor nicht. Der Bürgermeister verließ im Herbst den Bundesparteivorstand, zog trotz Bablers Kritik keine Konsequenzen gegen Genossen in der Kleingarten-Affäre und schalt den Parteiobmann zuletzt für Kraftausdrücke – Babler hatte zuvor den Österreichplan der ÖVP als "Verarschung" bezeichnet. Beim Gedenken an die Februarkämpfe versicherte Ludwig Babler wiederum seine volle Solidarität.
Babler soll sich "einen wie Mateschitz" ins Boot holen
Und die Gewerkschafter? Einer ihrer mächtigsten, der FSG-Vorsitzende Josef Muchitsch, zählte im Gegensatz zu Ludwig zu den frühen Babler-Unterstützern. Die FSG ist die mit Abstand stärkste Fraktion im ÖGB. Umso bemerkenswerter, dass ausgerechnet Muchitsch nun im Gespräch mit der Kleinen Zeitung öffentlich eine massive Kurskorrektur Bablers in der Wirtschaftspolitik fordert. Vermögenssteuern? Seien mit anderen Parteien nicht umsetzbar. Bei der 32-Stunden-Woche habe Babler den "Bogen überspannt".
Mehr noch: Die Partei sei noch nicht kampagnenfähig, und "der Andi" dürfe nicht "als Schreckgespenst der Wirtschaft dastehen". Babler müsse die Partei in die Mitte rücken, wirtschaftsaffiner werden, brauche Verbündete aus der Unternehmerwelt. Wen?
Dass Muchitsch neben Hans Peter Haselsteiner ausgerechnet den Typus des verstorbenen Red-Bull-Chefs Dietrich Mateschitz nennt, ist besonders pikant. War es doch die Babler-SPÖ, die Erben Mark Mateschitz unter Beschuss nahm – unter anderem wegen eines Luxus-Urlaubs in Griechenland. Mateschitz ist der Gegensatz von "unseren Leuten", über die Babler so gerne spricht.
Warum genau jetzt?
Die Fundamentalkritik kommt für Babler zur Unzeit. Die SPÖ stagniert in Umfragen knapp über der 20-Prozent-Marke, auf Augenhöhe mit der ÖVP und weit hinter der FPÖ unter Parteichef Herbert Kickl. Muchitschs Aussagen nähren auch Gerüchte, dass der interne Rückhalt für den SPÖ-Obmann schwindet.
Beim politischen Aschermittwoch im obersteirischen Kobenz hält Babler heute eine Rede, die auf mediale Resonanz stoßen wird. Warum hat ihn Muchitsch ausgerechnet davor in einer Manier kritisiert, öffentlich und ohne den Parteichef einzuweihen, die man sonst nur von Doskozil gewohnt ist? Bablers Büro will den Rundumschlag vorerst nicht kommentieren.
Doch auch Gewerkschaftsvertreter zeigen sich auf KURIER-Anfrage verwundert. Ein Konflikt oder Eifersüchteleien zwischen Babler und Muchitsch seien nicht bekannt, das Timing der Aussagen irritierend und seltsam. Für Aufklärung kann nur Muchitsch selbst sorgen, der auf KURIER-Anfragen bisher aber nicht reagiert.
Was der FSG-Chef und SPÖ-Sozialsprecher jedenfalls der Kleinen Zeitung bestätigte: dass im Hintergrund Gespräche mit der ÖVP über eine Rückkehr der Großen Koalition geführt werden. Das halten auch Ludwig und Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser für wünschenswert. Implizit richtet Muchitsch Babler also wohl auch aus, der ÖVP wirtschaftspolitisch entgegenzukommen. Wie kann das gelingen? Sicher nicht mit einem Festhalten an Erbschafts- und Vermögenssteuern als Koalitionsbedingung.
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