Treffen der Task Force "Jugend U-Haft"

APA13672632-2 - 12072013 - GERASDORF AM STEINFELD - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT CI - Ein knapp 18-Jähriger hat sich am Donnerstagabend in der Vollzugsanstalt Gerasdorf am Steinfeld das Leben genommen. Ein Blick auf die Jugendstrafanstalt am Freitag, 12. Juli 2013, in Gerasdorf am Steinfeld. APA-FOTO: ROBERT JAEGER
Experten sollen Maßnahmen erarbeiten, Kritik kommt von den Rechtsanwälten.

Die von Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) eingerichtete Task Force "Jugend U-Haft" hat am Dienstag ihre Arbeit aufgenommen. Im Zentrum stand bei der ersten Sitzung die Untersuchungshaft von Jugendlichen. In den kommenden drei Monaten sollen Alternativen zur U-Haft für unter 18-Jährige entwickelt werden.

Die Task Force wird aus teilweise ranghohen Vertretern der Justiz, dem Wiener Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl, der Wiener Kinder- und Jugendanwältin Monika Pinterits und der Leiterin der Wiener Jugendgerichtshilfe, Christa Wagner-Hütter, sowie aus Vertretern der MA 11 (Jugendamt der Stadt Wien) und des Vereins Neustart gebildet. Zum nächsten Termin wird auch der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (OERAK) beigezogen.

Jeder Fall wird einzeln geprüft

Am Dienstag wurde beschlossen, bis Ende Juli von der Vollzugsdirektion, dem Verein Neustart und der Richterschaft österreichweit erheben zu lassen, aus welchen Gründen die derzeit in U-Haft befindlichen Jugendlichen noch einsitzen. "Wir schauen uns in jedem einzelnen Fall an, woran es fehlt, dass man die Betreffenden nicht in eine betreute Einrichtung geben kann", berichtete der Leiter der Task Force, Sektionschef Michael Schwanda.

Einerseits seien in diesem Zusammenhang administrativ-organisatorische Belange, andererseits Kostenfragen zu klären. Derzeit sind im gesamten Bundesgebiet 55 jugendliche U-Häftlinge verzeichnet. Wie Schwanda bekräftigte, sollen im Idealfall in Zukunft möglichst viele von ihnen bis zu ihrer Hauptverhandlung außerhalb von Gefängnismauern untergebracht werden.

Zusätzlich möchte die Task Force für raschere Abläufe im Bereich der Psychodiagnostik sorgen. Gutachten über allfällige psychische Auffälligkeiten von Verdächtigen, die Zweifel an ihrer strafrechtlichen Verantwortlichkeit nähren, sollen die Strafverfolgungsbehörden schneller erreichen.

Schwanda betonte, die Sitzung sei "sehr konstruktiv verlaufen". Es habe einen "sehr sachlichen und engagierten Meinungsaustausch" gegeben. Ähnlich äußerte sich Beate Matschnig, Jugendrichterin im Wiener Landesgericht und Vertreterin der Fachgruppe: "Ich hatte den Eindruck, dass alle dasselbe wollen", sagte sie zur APA. Es gehe um "Haftvermeidung und -verkürzung".

Schweizer Vorbild

Einer der Vorschläge der Fachgruppe Jugendrichter betrifft die Einrichtung geschlossener Einrichtungen, etwa nach Schweizer Vorbild. Matschnig präzisierte, dass es dabei nicht darum gehe, dass die Einrichtung 24 Stunden geschlossen sei. "Tatsache ist, dass es Jugendliche gibt, die nicht zu halten sind. Wenn man sie zumindest teilweise behält, ist es möglich, dass es gelingt, zu ihnen eine Beziehung aufzubauen."

Es gehe dabei um kleine Einrichtungen, in Wien zum Beispiel für zehn männliche Jugendliche und eine zweite für Mädchen, als Ergänzung zu anderen Betreuungsformen. "Es gibt Fälle, die jetzt durchfallen. Die Krisenzentren nehmen sie nicht mehr, und in U-Haft sollen sie nicht", erläuterte die Richterin. An diese sollten sich diese Heime richten. Die Fachgruppe Jugendrichter tritt außerdem vehement für die Wiedereinrichtung des Jugendgerichtshofs ein.

Auch Pinterits sprach von einem konstruktiven Diskussionsklima: Es gehe darum, die Verhängung der U-Haft möglichst zu vermeiden, sagte sie. "Man schaut daher: Welche Alternativen gibt es? Geht eventuell eine Unterbringung zu Hause? Fußfesseln? Wohngemeinschaften? Und welche Ressourcen habe ich in Wohngemeinschaften zur Verfügung?", erläuterte sie. Pinterits sprach sich für eine möglichst frühe psychologische Betreuung der Jugendlichen aus: "Dass man schon bei der Polizei schaut, wie ist der drauf."

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