Teuerung trifft bisher fast alle – ähnlich hart

Teuerung trifft bisher fast alle – ähnlich hart
Agenda Austria empfiehlt, Wirtschaftshilfen nur noch an ärmere Personen auszuzahlen. Wohlstandsverluste für den Mittelstand müsse die Regierung in Kauf nehmen.

Strom, Heizen, Treibstoff: Die hohen Energiepreise befeuern die Teuerung. 9,2 Prozent betrug die Inflation laut Schätzung der Statistik Austria im Juli. Mit bald zweistelligen Inflationsraten ist zu rechnen. In Europa haben sich die Energiekosten bisher allerdings unterschiedlich ausgewirkt. Laut Internationalem Währungsfonds sind heuer die Lebenshaltungskosten im europäischen Schnitt um rund sieben Prozent gestiegen. In Österreich macht dieser Anstieg vorerst „nur“ fünf Prozent aus. Warum?

Einerseits ist die Inflation hierzulande deutlich niedriger als etwa im Baltikum. Österreich liegt aber auch deshalb unter dem Europa-Schnitt, weil noch nicht alle Energieversorger die Preissteigerungen weitergegeben haben. „Wir zahlen jetzt einmal die Rechnungen für das letzte Jahr. So richtig treffen werden uns die höheren Energiepreise erst im Herbst, Winter oder 2023“, sagt Jan Kluge, Ökonom vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria.

Belastung "ziemlich gleich"

In Spanien, wo die Strompreise monatlich direkt an die Marktpreise angeglichen werden, schlägt die Teuerung bereits stärker durch als in Österreich, wo Fixpreise für das gesamte Jahr gelten.

Was ebenso auffällt: In den meisten Ländern sind die ärmeren Haushalte proportional zu ihrem Einkommen stärker von steigenden Energiekosten belastet. „Diese Unterschiede sind meist nachvollziehbar, weil ärmere Haushalte einen größeren Anteil ihres Einkommens für Energie ausgeben müssen“, sagt Kluge.

In Österreich sei die Belastung der Einkommensgruppen noch „ziemlich gleich“. Sobald die volle Preissteigerung bei den Verbrauchern ankommt, werde auch in Österreich die Lücke zwischen Arm und Reich weiter auseinanderklaffen, sagt Kluge. „Aber das ändert sowieso nichts an unserer Diagnose, dass die Reichen die Teuerung selbst tragen müssen und die einkommensschwächeren Haushalte auf jeden Fall Hilfe brauchen werden.“

Teuerung trifft bisher fast alle – ähnlich hart

„Fluch“ des Mittelstands

Die türkis-grüne Bundesregierung hat bisher drei Antiteuerungspakete mit einem Gesamtvolumen von 28 Milliarden Euro beschlossen. Sie beinhalten zielgerichtete Sofortmaßnahmen wie den Teuerungsausgleich: eine Einmalzahlung von 600 Euro für Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger. Den Klimabonus über 500 Euro erhalten wiederum alle. Zudem arbeitet die Regierung an einer Energiepreisbremse. Auch davon sollen alle Einkommensklassen profitieren. Der falsche Weg warnt Kluge.

„Maßnahmen, die versuchen, in die Preisbildung einzugreifen und eine Lösung für alle zu finden, sind unfassbar teuer und bringen den ärmeren Leuten zu wenig.“ Stattdessen brauche es weitere Einmalzahlungen, die ausschließlich an einkommensschwache Haushalte fließen.

Die Maßnahmen würden dann nur noch Armut verhindern, den Mittelstand aber nicht mehr unterstützen. Gefährdet das nicht den Wohlstand der Mitte? „Ja, absolut“, sagt Kluge. Es sei eben der Fluch des Mittelstands, dass er in solchen Szenarien „die größten Schmerzen“ zu tragen habe: „Er ist nicht so reich, dass es ihm egal wäre, aber auch nicht so arm, dass er sich für staatliche Hilfen qualifizieren würde. Deshalb sind dort Wohlstandsverluste zu erwarten und auch nicht zu vermeiden.“

Positiver Effekt: Wirtschaftshilfen, die ausschließlich Armut verhindern und die Grundversorgung sichern, wären nicht so teuer. Die Regierung beschritt bisher einen anderen Weg. Vom Großteil der Hilfen haben sämtliche Einkommensgruppen profitiert.

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