Tanner: "So vielseitig gefordert war das Bundesheer noch nie"

Tanner: "So vielseitig gefordert war das Bundesheer noch nie"
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner über die derzeitigen Einsätze des Bundesheeres und dessen Zukunft.

KURIER: Wie viele Soldaten sind gerade im Einsatz? Was sind deren Aufgaben?

Klaudia Tanner: Derzeit sind in 28 Lagern von Lebensmittelhändlern insgesamt 780 Soldaten im Einsatz. Wenn wir jetzt nicht dafür sorgen, dass die Regale in den einzelnen Märkten voll sind, könnte das zu einer Panik führen, womit wir dann einen sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz leisten müssten.

Außerdem sind mehr als 90 Soldaten in den Stäben einiger Landesregierungen, bei Hotlines und beim Innenministerium im Einsatz, zusätzlich unterstützt das Bundesheer bei der Rückholung von Personen aus dem Ausland – unter anderem aus Marrakesch. Das Sanitätszentrum produziert Desinfektionsmittel. So vielseitig gefordert war das Bundesheer noch nie.

Mit Mai sollen bis zu 3.200 Soldaten in den Einsatz gehen, die derzeitigen Grundwehrdiener entlasten. Gibt es –  wie beim Zivildienst – die Möglichkeit, sich freiwillig zu melden?

Jeder Einsatz muss strukturiert geplant und durchgeführt werden. Darum werden wir bereits strukturierte Bataillone einberufen. Freiwillige Meldungen sind nicht geplant, doch es gibt für all jene, die gerne mitwirken wollen, die Möglichkeit, sich beim Team Österreich für Einsätze zu melden.

Gibt es noch andere Pläne, Soldaten einzusetzen?

In jedem Bereich, wo wir im Rahmen eines Assistenzeinsatzes benötigt werden – seien es die Gesundheitsbehörden, der Sicherheitssektor oder weitere Hilfe bei Supermärkten. Wir sind die strategische Reserve der Republik.

Das Bundesheer kann nicht mit Spitalsbetten aushelfen, da der Rechnungshof dem einen Riegel vorgeschoben hat. Fällt Österreich der jahrzehntelange Sparkurs beim Bundesheer jetzt auf den Kopf?

Was die Spitalsbetten betrifft, gibt es derzeit viele Möglichkeiten – etwa die aus Kurhotels zu nehmen, die jetzt alle schließen. Gleichzeitig benötigen wir diese kleine Reserve auch für unsere Soldaten.

55 Prozent der Österreicher wünschen sich laut KURIER-Umfrage mehr Geld fürs Heer und überhaupt wächst sein Ansehen in der Bevölkerung. Dennoch scheint es, als bekäme das Bundesheer in Zukunft noch weniger Mittel. Was sagen Sie diesen 55 Prozent?

Sicherheit kann es nicht zum Nulltarif geben. Und wenn man der jetzigen Situation etwas abgewinnen kann, dann dass das Bundesheer jetzt zeigen kann, was unsere Soldaten können. Und, dass sie wahrhaftig die strategische Reserve sind. Ich glaube, dass die Budgetpläne, die im Vorfeld gemacht wurden, ohnedies nicht mehr standhalten werden. Da wird sich vieles auch neu darstellen. Diese Umfragen sind wohltuend. Jedenfalls sind wir einsatzfähig. Und dennoch ist es notwendig, dass etwa die Miliz finanziell besser ausgestattet wird.

Wo liegt – abseits von Corona und Luftraumüberwachung – ihr Augenmerk in den kommenden Monaten?

Die derzeitige Situation zeigt, wie wichtig ein einsatzfähiges Heer ist. Es ist wichtig, dafür zu sorgen, dass die neuen Tauglichkeitsstufen umgesetzt werden, damit wir eine entsprechende Anzahl an Grundwehrdienern bekommen und diese einen attraktiven Wehrdienst geboten bekommen.Auch die Auslandseinsätze sind ein wichtiges Thema, wie auch die Einsatzwahrscheinlichkeiten. Die Gefahren von vor 15 Jahren sind mittlerweile andere. Ich sage nur Migrationskrise oder Cyberbereich.

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