Suchtgift-Richter führt den Prozess gegen Ex-Ministerin Karmasin
Die frühere ÖVP-Ministerin Sophie Karmasin wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wegen schweren Betrugs angeklagt, wie am Dienstag publik wurde. Jetzt hat der KURIER erste Details zur geplanten Gerichtsverhandlung.
Ihre Anwälte Philipp Wolm und Norbert Wess tendieren derzeit dazu, keinen Einspruch gegen die Anklage einzulegen, sondern das Verfahren rasch abzuhandeln.
So sagt Wolm zum KURIER: „Wir haben die Anklage noch nicht im Detail studieren können, die Vorwürfe sind aber aus dem Ermittlungsverfahren hinlänglich bekannt. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir unseren Sach- und Rechtsstandpunkt dem Gericht umfassend darlegen können, und gehen von einem positiven Verfahrensausgang für unsere Mandantin aus.“
Anwalt Wess hatte am Dienstag gegenüber der ZiB2 erklärt, dass es entlastende Beweise gebe, die man bisher nicht offengelegt habe, sondern erst bei der Gerichtsverhandlung präsentieren werde. Wolm hält sich dazu bedeckt. Das Anwalts-Duo spekuliert auf den Überraschungseffekt.
Wirtschaftsexpertise
Durchaus überraschend ist auch, welcher Richter die Verhandlung gegen die Ex-Ministerin führen soll: Vorgesehen ist Patrick Aulebauer, dem Vernehmen nach eine Koryphäe am Wiener Straflandesgericht – allerdings eher in Sachen Drogenkriminalität.
Der Hintergrund ist Personalmangel: Weil die Richter, die auf Wirtschaftsstrafsachen spezialisiert sind, ausgelastet sind, müssen Richter aus allen anderen Bereichen einspringen. Das Landesgericht Wien hat seine Geschäftsordnung dahingehend geändert.
Auch jene Richterin, der die Wiederholung des Prozesses gegen Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in der Prikraf-Causa zugewiesen wurde, ist sonst eher im Suchtgift-Bereich angesiedelt.
Dem Vernehmen nach rumort es deshalb in der Richterschaft: Wirtschaftsstrafsachen sind meist hochkomplex – nicht umsonst gebe es dafür Zusatzausbildungen und Fortbildungen, heißt es.
Kronzeugin
Der Schöffenprozess gegen Karmasin dürfte bereits Anfang des Jahres starten. Dort wird Sabine Beinschab ihren ersten großen Auftritt haben: Sie ist Kronzeugin der WKStA und hat ihre ehemalige Geschäftspartnerin Karmasin schwer belastet.
Die Vorwürfe rund um die frisierten Umfragen für die ÖVP (Stichwort: Beinschab-Tool) sind in der vorliegenden Anklage aber nicht enthalten.
Betrug & Absprachen
Wie berichtet, werden der Meinungsforscherin und Ex-Familienministerin der ÖVP zwei Sachverhalte vorgeworfen: Erstens geht es um wettbewerbsbeschränkende Absprachen im Zusammenhang mit Studien für das Sportministerium. Der dortige Abteilungsleiter ist mitangeklagt.
Zweitens soll Karmasin nach ihrem Ausscheiden aus der Politik Ende 2017 unrechtmäßig eine Gehaltsfortzahlung von 78.000 Euro bezogen haben. Die WKStA wirft ihr schweren Betrug vor.
Kommentare