Strompreisbremse: Wer nun doch mehr bezahlen muss
Über das Wochenende sickerten erste Details zur Strompreisbremse der Bundesregierung durch. Es hieß: Für einen Grundverbrauch von 2.900 Kilowattstunden (kWh) sollen Kunden nur 10 Cent pro kWh bezahlen. Wer darüber hinaus Strom verbraucht, muss die höheren Marktpreise bezahlen. Jenes Modell, das die Regierung am Mittwoch präsentierte, wich davon zumindest in einem entscheidenden Punkt ab.
Streng genommen erhält der Kunde nämlich nur dann einen Fixpreis von 10 Cent pro kWh, wenn der Energieversorger nicht mehr als 40 Cent verlangt. Denn: Der Staat kompensiert dem Versorger maximal 30 Cent. Preise darüber hinaus muss – auch im „gebremsten Bereich“ – der Kunde bezahlen. Bezahlen Sie laut Vertrag also 50 Cent pro kWh, kosten Ihnen die ersten 2.900 kWh pro kWh 20 Cent – nicht 10.
Dieses Modell dürfte mittelfristig zu einem Einheitspreis unter den Energieversorgern führen, prognostiziert Wifo-Ökonom Michael Böheim gegenüber dem KURIER: „Dadurch haben alle Energieversorger, die derzeit unter 40 Cent pro Kilowattstunde liegen, einen Anreiz, beim Preis nachzuziehen und die Marge abzuschöpfen. Sie wären ja irrational, wenn sie das nicht tun würden. Das bedarf einer genauen Beobachtung durch die Bundeswettbewerbsbehörde.“
Wifo-Kritik
Das Wifo hat die ÖVP und die Grünen bei den Verhandlungen zur Strompreisbremse beraten. Wifo-Chef Gabriel Felbermayr schlug ursprünglich ein anderes Modell vor: Jedem Hauptwohnsitz sollten 80 Prozent seines Vorjahresverbrauchs gedeckelt werden. Das hätte Mehrverbraucher im Vergleich zur aktuellen Lösung begünstigt. Gleichzeitig wären aber nur Hauptwohnsitze gefördert worden – vom aktuellen Modell profitieren auch Nebenwohnsitze.
Laut Regierung sei es datenschutzrechtlich nicht möglich gewesen, nur Hauptwohnsitze zu begünstigen. Somit konnte im aktuellen Modell auch die Haushaltsgröße nicht berücksichtigt werden – wie vom Wifo empfohlen. „Natürlich wäre das Wifo-Modell bürokratisch und technisch aufwendiger gewesen, aber eben auch treffsicherer“, sagt Böheim. „Die notwendige Verschneidung der Daten der Hauptwohnsitze mit jenen der Zählpunkte ist zwar technisch eine Herausforderung, aber mit entsprechender Expertise machbar.“ Den Datenabgleich hätte das Bundesrechenzentrum vornehmen können. Er spreche der Regierung jedenfalls die „starke Empfehlung“ aus, das aktuelle Modell technisch laufend weiterzuentwickeln und den Datenabgleich zu testen, sagt Böheim.
Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) betonte wiederum, man habe „mit der Energiewirtschaft alle Modelle auf ihre technische und rechtliche Umsetzbarkeit geprüft und versucht“.
Weitere Details
Der Regierung geht es vorerst um eine rasche und unbürokratische Preisbremse. Das Modell soll im Oktober im Nationalrat beschlossen werden und ab 1. Dezember gelten – bis Ende Juni 2024. Nachschärfen will die Regierung vorerst in folgenden Punkten:
- Haushaltsgröße: Die 2.900 kWh stellen 80 Prozent des Durchschnittsverbrauchs eines Drei-Personen-Haushalts dar. Leben mehr als drei Personen in einem Haushalt, kann man in einem zweiten Schritt einen Antrag auf weitere Förderungen stellen. Die genauen Details werden noch ausgearbeitet.
- GIS-Befreite: Für jene 300.000 Menschen in Österreich, die von der ORF-Gebühr (GIS) befreit sind, soll es einen weiteren Abschlag von 75 Prozent der Netzkosten geben. Sie sollen dadurch mit zusätzlichen 200 Euro entlastet werden.
- Kosten: Die Preisbremse soll in Summe drei bis vier Milliarden Euro kosten und einem Haushalt im Schnitt 500 Euro ersparen.
- Heizen: In einem nächsten Schritt arbeitet die Regierung an einer Preisbremse für alle Heizsysteme – also etwa Gas, Pellets und Fernwärme. Auch weitere Entlastungen für die Wirtschaft werden derzeit ausgearbeitet.
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