Im Ergebnis stehen beide seit Monaten ohne neue Chefs da. Ein Zustand, der – theoretisch – unendlich andauern kann. Im Gesetz steht nur, dass die Bundesregierung dem Bundespräsidenten einen Vorschlag für die Ernennung machen muss – aber nicht, bis wann.
Das dürfe man nicht hinnehmen, sagt Manfred Matzka, pensionierter Präsidialchef im Bundeskanzleramt. „Die Regierung hat nicht nur das Recht, einen Vorschlag zu machen, sie hat auch die Pflicht, das zu tun.“
Entscheidung
Ihn erinnert die Causa an den Fall Habsburg: In den 1960er-Jahren wollte Otto Habsburg das Einreiseverbot loswerden, das der ehemaligen Kaiserfamilie gesetzlich auferlegt worden war, und verfasste eine Erklärung, dass er auf alle Herrschaftsansprüche verzichtet und sich zur Republik bekennt. Die Regierung hätte über die Verzichtserklärung entscheiden sollen, konnte sich aber nicht einigen.
Habsburg wandte sich 1962 mit einer Säumnisbeschwerde an das damalige Verwaltungsgericht. Dieses legte eine Frist fest: Sollte sich die Regierung bis dahin nicht entscheiden, dann würde eben das Gericht Fakten schaffen. So geschah es 1963 dann auch – und zwar zugunsten des Kaiser-Sohnes.
Auch im aktuellen BVwG- bzw. BWB-Streit wäre eine Säumnisbeschwerde denkbar, sagen Matzka und der Verfassungs- und Verwaltungsjurist Peter Bußjäger zum KURIER. Das Problem: Die Kandidaten, die von den Kommissionen für die Führungsjobs vorselektiert wurden, haben keine Parteienstellung. Ihre Beschwerde würde wahrscheinlich abgewiesen werden. „Versuchen könnten sie es trotzdem – nur, um ein Zeichen zu setzen“, sagt Bußjäger. Die Situation sei jedenfalls prekär.
Sein Denkanstoß: „Wenn die Regierungsmitglieder von ÖVP und Grünen auf Dauer blockieren, dann setzen sie sich dem Vorwurf des Amtsmissbrauchs aus.“ Die Republik erleide einen Schaden, wenn diese Schlüsselpositionen – das BVwG ist immerhin das größte Gericht Österreichs – nicht besetzt sind.
„Sehr kritisch“ sieht auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der ohne Vorschlag nicht ernennen kann, den langen Zeitraum. Die Regierung sei gut beraten, „eine rasche Entscheidung zu treffen“, sagte er am Montag.
Sideletter
„Ein ewiges Aufschieben ist sicher nicht im Sinne der Verfassung“, sagt Ex-Spitzenbeamter Matzka. Wenn es schon keinen Sicherheitsmechanismus im Gesetz gibt, dann müsse der aktuelle Streit eben der Anlass sein, einen solchen einzubauen.
Übrigens hatten Türkis und Grün bei der Koalitionsbildung in einem Sideletter einige Posten paktiert – beim BVwG hätte die ÖVP zum Zug kommen sollen. Im Jänner 2022 flog die Abmachung auf – und wurde obsolet. Und der Nervenkrieg nahm seinen Lauf.
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