Strache rüttelt an EU-Reise-Freiheit für Ost-Arbeiter

Vizekanzler will eine Neuregelung für Arbeits-Migranten. Auch Berlin ist darüber verstimmt.

Vizekanzler Heinz-Christian Strache fordert eine Reform der derzeitigen Regelung, nach der EU-Bürger in jedem Mitgliedsland ihrer Wahl arbeiten und wohnen dürfen.

Die Personenfreizügigkeit habe „auch negative Folgen“ und führe zum Beispiel auf dem Arbeitsmarkt zu einem „Verdrängungsprozess“, sagte Strache bei einer Diskussionsveranstaltung.

Es gebe Österreicher, „die gut qualifiziert sind, aber zu viel verdienen und in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden, weil sie von günstigeren Arbeitskräften ersetzt werden“, argumentiert Strache seine Forderung. Die EU-Personenfreizügigkeit hält der FPÖ-Chef in der geltenden Form für unzeitgemäß. „Wir müssen offen diskutieren, dass es auch nicht gut ist für die europäische Entwicklung, das gesamte intellektuelle, gut ausgebildete Potenzial Osteuropas für Westeuropa abzuziehen.“ Deshalb müsse das Ziel sein, „hier zumindest zum Teil regulierende Lösungen zu finden, wie man das im Interesse aller besser macht“. Und er wolle „im Interesse der osteuropäischen Länder dafür Sorge tragen, dass nicht alle Pflegekräfte in Westeuropa arbeiten und in der Slowakei keine mehr zu finden sind“.

„Stimmungsmache“

Damit schießt Strache scharf gegen eine der Säulen der EU, und das ein Monat bevor Österreich den Vorsitz des Europäischen Rates übernimmt.

Kein Wunder also, dass die teils heftigen Reaktionen nicht lange auf sich warten ließen: Der deutsche CDU-Politiker und ehemalige Minister Norbert Röttgen befand in Berlin, der Vorschlag Straches sei eine „Mischung aus Fantasielosigkeit und Stimmungsmache“, die Personenfreizügigkeit „eine hochmoderne Errungenschaft“, die nicht aufgegeben werden dürfe.

ÖVP-EU-Delegationsleiter Othmar Karas befand: „Es ist bedauerlich, dass Strache bei jeder Wortmeldung zur EU zündelt und damit Irritationen in und außerhalb Österreichs auslöst. Wenn Strache die Bewegungsfreiheit in der EU infrage stellt, dann rüttelt er an den Grundrechten der Bürger, an den Grundfesten der EU und am Binnenmarktkonzept“, so der langjährige EU-Parlamentarier.

Kern: "Wie die Schmuddelkinder"

Kopfschütteln auch in der Wiener Löwelstraße: „Wir benehmen uns schon wieder wie die europäischen Schmuddelkinder“, befand SPÖ-Chef Christian Kern. „Auch wir haben schon hingewiesen, dass es bei der Entsendung von Arbeitskräften ein Thema gibt“, sagt Kern. Auch die Arbeiterkammer äußerte sich immer wieder kritisch in puncto Arbeitnehmerfreizügigkeit. „Aber Strache ist gerade in diesem Punkt völlig unglaubwürdig, denn die schwarz-blaue Regierung hat ja gerade eine Amnestie für den großen Sozialbetrug beschlossen. Wer jetzt in Österreich hunderte Menschen illegal beschäftigt, muss nur mehr mit einer Strafe von 800 Euro rechnen. Gerade das ist doch eine Einladung, Billigarbeitskräfte nach Österreich zu holen.“

Die Freiheitlichen seien auch dagegen, mit der geplanten EU-Agentur für Arbeit, die Lohn- und Sozialdumping bekämpfen soll, die Situation genauer zu überwachen. „Die wollen wir nach Wien holen, ich habe dafür bei Frankreichs Präsident Emanuel Macron und bei EU-Kommissionsvize Frans Timmermans interveniert – nur um festzustellen, dass die Sozialministerin Hartinger-Klein die Agentur als überflüssig ablehnt.“

Bundeskanzler Sebastian Kurz hat am Rande des Besuchs des albanischen Premiers Edi Rama kalmiert: „Die Position der österreichischen Bundesregierung zur Personenfreizügigkeit ist klar und auch das Regierungsprogramm ist klar pro-europäisch“, versuchte Kurz die Wogen zu glätten. „Der Herr Vizekanzler (Strache) sollte daher nicht über- oder falsch interpretiert werden.“

Vizekanzler Strache stellt EU-Personenfreizügigkeit infrage

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