Karas wirft Strache "ständiges Zündeln" bei EU-Themen vor

Karas wirft Strache "ständiges Zündeln" bei EU-Themen vor
Es sei nicht gut, das gesamte intellektuelle, gut ausgebildete Potenzial Osteuropas für Westeuropa abzuziehen, sagte Strache.

Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hatte im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung im Haus der Europäischen Union in Wien am Dienstagabend für Empörung gesorgt.  "Wir müssen offen diskutieren, dass es auch nicht gut ist für die europäische Entwicklung, das gesamte intellektuelle, gut ausgebildete Potenzial Osteuropas für Westeuropa abzuziehen", sagte er.

Die EU, kritisierte Strache außerdem, lehne es ab, die Freizügigkeit überhaupt zu diskutieren. Er hingegen wolle "im Interesse der osteuropäischen Länder dafür Sorge tragen, dass nicht alle Pflegekräfte in Westeuropa arbeiten und in der Slowakei keine mehr zu finden sind". Dass die Personenfreizügigkeit zu den Grundpfeilern der EU gezählt wird, ist für den Vizekanzler dabei kein Hindernis - aus mehreren Gründen: "Wenn ich erkenne, dass das den Ländern in Osteuropa zum Teil nicht dienlich ist, zum Teil aber auch bei uns dazu führt, dass ein Verdrängungsprozess stattfindet - wenn Menschen, die gut qualifiziert sind und zu viel verdienen, in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden, weil sie von günstigeren Arbeitskräften ersetzt werden - dann sind das Bereiche, wo man darüber diskutieren muss: Ist das eine g'scheite Regelung oder sollte man nicht darüber nachdenken, hier zumindest zum Teil regulierende Lösungen zu finden, wie man das im Interesse aller besser macht?"

EU-Personenfreizügigkeit infrage gestellt

Seine jüngst viel kritisierte Schelte für die EU-Grenzschutzagentur Frontex, sie würde aus Nordafrika über das Mittelmeer flüchtende Menschen "fast als Schlepperorganisation nach Europa" bringen, relativierte Strache. Er habe nicht die Agentur, sondern deren politisches Mandat kritisiert. "Es macht keinen Sinn, über Flüchtlingsaufteilungen in Europa zu diskutieren, wie das die Deutschen vorschlagen", bekräftigte Strache einmal mehr. "Wichtig ist, die Außengrenzen zu schützen und zu sichern, dann brauchen wir eine solche Asyldebatte gar nicht zu führen."

"Rütteln an Grundrechten der Bürger"

Besonders scharf verurteilte ÖVP-Delegationsleiter Karas Straches Aussagen. "Es ist bedauerlich, dass Heinz-Christian Strache bei jeder Wortmeldung zur Europäischen Union zündelt und damit Irritationen in und außerhalb Österreichs auslöst", erklärte Karas gegenüber der APA im EU-Parlament in Straßburg. "Wenn Strache die Bewegungsfreiheit in der EU infrage stellt, dann rüttelt er an den Grundrechten der Bürger, an den Grundfesten der EU und am Binnenmarktkonzept, von dem Österreich überdurchschnittlich profitiert. Ich erinnere daran, dass das auch rund 250.000 Österreicher in anderen EU-Ländern betreffen würde und der Wohlstand Österreichs zu 60 Prozent von der Teilnahme am EU-Binnenmarkt abhängt."

Bereits nach Straches Wortmeldung, die EU-Grenzschutzagentur Frontex sei eine Schlepperorganisation, hatte Karas im KURIER-Talk klare Worte gegenüber Strache gefunden. "Ich halte den Auftritt des Vizekanzlers für einen strategischen Fehler", sagte Karas.

NEOS-Europasprecherin Claudia Gamon verglich den Vizekanzler mit dem ungarischen Regierungschef Viktor Orban. "Die vier Grundfreiheiten (...) sind die größte Errungenschaft der Europäischen Union. (...) "Dass Strache diese fundamentale Freiheit in Frage stellt, zeigt, wie sehr er schon auf den Kurs Viktor Orbans abgeglitten ist", schrieb sie in einer Aussendung vom Mittwoch. Sie betonte: "Wir helfen unseren Nachbarn sicher nicht, indem wir unsere Grenzen wieder dichtmachen und uns von ihnen abschotten."

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