Statistiker Neuwirth kritisiert zu späten Lockdown: "Anstieg war im August erkennbar"

Wäre der Lockdown zwei, drei Wochen früher verhängt worden, hätte man die dramatische Situation verhindern können, sagt Neuwirth in der "ZiB2". Er kritisiert, dass Daten zu Kindern fehlen.

9.262 Neuinfektionen wurden in den vergangenen 24 Stunden gemeldet - ein neuer Höchstwert.

Der Sommer war ruhig, mit Herbstbeginn sind die Zahlen scheinbar überraschend angestiegen. Scheinbar - denn sieht man sich das Infektionsgeschehen seit dem Sommer mit einem "mathematischen Trick" an, dann hätte man diese Entwicklung bereits im Juni bemerkt, sagt Statistiker Erich Neuwirth am Donnerstag in der "ZiB2".

Neuwirth, der auf Twitter täglich das Infektionsgeschehen kommentiert, gibt aber zu: "Ich selbst habe das im Juni auch noch nicht gesehen."

Spätestens Mitte August sei der Trend unübersehbar gewesen - da waren die Infektionszahlen ungefähr so hoch wie im März während des ersten Lockdowns. Neuwirth versichert: "Wenn man rechtzeitig etwas getan hätte, hätte man es verhindern können."

Ob es nun strengere Maßnahmen - also einen "harten Lockdown" braucht? "Der Lockdown kommt vor allem zu spät."

"Wenn wir die Maßnahmen 14 Tage oder drei Wochen früher gesetzt hätten, wäre es wesentlich günstiger gewesen." Zum Beispiel gleichzeitig mit den Herbstferien - dann wären die Schulen automatisch geschlossen gewesen. Aktuell wird heftig darüber debattiert.

Fehlende Daten zu infizierten Kindern

Zur Frage, wie stark Kinder tatsächlich zum Infektionsgeschehen beitragen, kann aber auch Neuwirth wenig sagen. Studien aus Israel, den USA und Australien hätten nur bestätigt, dass sie etwas beitragen, erklärt der Statistik-Professor. Ob mehr, weniger oder gleich viel wie Erwachsene, sei unklar. 

Um das aufzuklären, brauche es eine Altersstatistik bei den Testungen. So würde man herausfiltern können, wie viele positiv getestete Kinder es pro 100.000 Kinder gibt. "Diese Daten gibt es nicht", kritisiert der Statistiker.

Zuwächse in Wien geringer

Zu den Testungen herrscht derzeit ein Daten-Chaos. Das Epidemiologische Melderegister ist in den vergangenen Tagen mehrmals zusammengebrochen, unzählige Nachmeldungen haben die statistische Auswertung verzerrt.

Aussagekräftig sei laut dem Statistiker aber die Zahl der Hospitalisierten - und daran sehe man: "Oberösterreich geht durch die Decke." Dramatische Entwicklungen gebe es auch in Kärnten, vor nicht allzu langer Zeit noch Musterschüler in der Pandemiebekämpfung. Auch Wien liege auf hohem Niveau, die Zuwächse seien gemessen an der Bevölkerung aber deutlich geringer.

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