Startvorteil für Schwarz und Blau: Flüchtlingsthema dominiert Wahl

Symbolfoto.
Fragen rund um die Zuwanderung sind wahlentscheidend. Hier punkten vor allem ÖVP und FPÖ.

Am 15. Oktober wird gewählt. Von den Themen her kann die Ausgangslage für ÖVP und FPÖ nicht günstiger sein. Für die Bevölkerung haben beide Parteien wesentlich mehr Kompetenz in Fragen der "Sicherheit und Zuwanderung" als die SPÖ. Und das Flüchtlingsthema (inkl. Integration) dürfte im Wahlkampf weiter die zentrale Rolle spielen. Das zeigt eine neue KURIER-Umfrage, durchgeführt von OGM-Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer.

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Konkret ist für 36 Prozent der Befragten "Sicherheit und Zuwanderung" das wichtigste Thema für die Wahlentscheidung. Demgegenüber nennen 29 Prozent "Soziales, Einkommen, Pensionen" sowie nur 20 Prozent "Wirtschaft und Arbeit" als wahlentscheidend. Weit abgeschlagen ist die Bildung mit bloß neun Prozent.

Bachmayer: "Bei ÖVP-Anhängern hat sicherlich ein Themenwechsel stattgefunden. Sicherheit und Zuwanderung ist hier schon fast so wichtig wie bei den Wählern der FPÖ."

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Wer hat für die Zuwanderung die besseren Konzepte parat? Hier liegt Blau vor Schwarz und – klar abgeschlagen – Rot. 45 Prozent sagen, die FPÖ hat die besten Lösungen, 23 Prozent schreiben das der ÖVP zu. Rot, Grün und Neos kommen zusammen auf nur 14 Prozent.

Bachmayer: "Das ist nicht wirklich überraschend. Die FPÖ hat das Ausländer-Thema schon über die vergangenen 25 Jahre aufgebaut. Stark ist die Änderung bei der ÖVP, die noch vor eineinhalb bis zwei Jahren eher auf Regierungslinie und Faymann-Kurs war. Der Aufstieg von Sebastian Kurz ist in hohem Maße seiner klaren Positionierung bei diesem Thema geschuldet."

Wirtschaft, Arbeit, Soziales und Pensionen – hier haben die Roten die Nase vorn. "Das war schon immer ihre "Kompetenzdomäne", sagt Bachmayer. Auch Kanzler Christian Kern hat durch sein Programm und Auftreten die Wirtschaftsthemen "stärker akzentuiert als sein Vorgänger Faymann."

Am vorigen Sonntag hat die ÖVP Sebastian Kurz zu ihrem Chef designiert – und in den Umfragen zeichnen sich bereits rutschartige Wählerverschiebungen ab.

Im Auftrag des KURIER erhob OGM-Chef Wolfgang Bachmayer das Meinungsbild (800 Telefoninterviews, Schwankungsbreite +/– 3%). Demnach zieht Sebastian Kurz die ÖVP gegenüber der Umfrage vom Jänner 2017 um elf Prozentpunkte in die Höhe. Statt wie bisher die FPÖ hält nun die ÖVP den ersten Platz und deklassiert die Blauen an die dritte Stelle. Für die SPÖ unter ihrem Vorsitzenden Christian Kern ändert sich nichts, sie war und ist auf dem zweiten Platz.

Bachmayer spricht von einem "Trampolin-Effekt" für Kurz und die ÖVP: "Der Zulauf zu Kurz findet zulasten aller Parteien statt, am meisten zulasten der FPÖ, aber auch von Grünen und Neos. Nur die Sozialdemokraten sind vom Kurz-Effekt nicht oder noch nicht betroffen."

Kein Schwarzer Peter

Die Tatsache, dass Kurz die Koalition aufkündigte und Neuwahlen ausrief, hat ihm offenkundig nicht geschadet.

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64 Prozent der Befragten haben sich mit dem Urnengang abgefunden, nur 30 Prozent sagen, die Regierung solle weiterarbeiten. Bachmayer: "Normalerweise hat derjenige den Schwarzen Peter, der Neuwahlen vom Zaun bricht. Aber diesmal kann man das Schwarzer-Peter-Spiel einstellen. Die überwiegende Mehrheit der Wähler sieht die Lage realistisch und hat sich mit den Neuwahlen abgefunden."

Die Schuld an den Neuwahlen wird eher bei der ÖVP gesehen, doch die meisten Leute sagen, zum Streiten gehören zwei. Bachmayer: "Der Streit in der Koalition, die Aversionen zwischen den Regierungsparteien, und dass auch der Kanzler mit Neuwahlen liebäugelte sind nicht verborgen geblieben."

Im Zwist zwischen Kern und Kurz um das Amt des Vizekanzlers gibt die Mehrheit der Befragten Sebastian Kurz recht. 58 Prozent finden es "richtig", dass Kurz die Funktion des Vizekanzlers nicht selbst ausübt, nur 30 Prozent halten das für falsch. 51 Prozent halten Wolfgang Brandstetter für eine "gute Wahl" als Vizekanzler, 18 Prozent für eine "schlechte Wahl".

Kanzler Kern hat sich massiv dafür ausgesprochen, dass Kurz selbst Vizekanzler werden müsse. Dass die Meinung der Wähler so eindeutig auf der Seite von Sebastian Kurz ist, führt Bachmayer auf die "Hype-Situation" um Kurz zurück. Wenn Kurz etwas sagt, wird es derzeit einfach akzeptiert.

"Da steckt auch eine Gefahr drin", sagt Bachmayer. "Diesen Hype muss Kurz erst einmal bis zum Wahltag durchtragen. Auf derart hohem Niveau zu starten und bis zum Tag X nicht abzurutschen, ist eine Kunst."

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Die Kleinen im Minus

Der Wert von nur neun Prozent für die Grünen ist insofern zu relativieren, als der Rücktritt von Eva Glawischnig mitten in die Feldforschung platzte, und die Entscheidung für Ulrike Lunacek als Spitzenkandidatin noch gar nicht enthalten ist.

Für Neos wird es eng. Mit nur noch vier Prozent rutscht die jüngste Partei an die Einzugshürde in den Nationalrat ab.

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