Bablers Verhandler: Sie sollen die SPÖ-Durststrecke beenden
Nach sieben Jahren Opposition will die SPÖ endlich wieder regieren. Andreas Bablers Verhandlerteam besteht aus ihm, zwei Vertrauten und zwei Erfahrenen.
Platz drei, 21 Prozent: Die SPÖ hat bei der Nationalratswahl ihr schlechtestes Ergebnis in der Geschichte der Zweiten Republik eingefahren. Dennoch spielt sie nun eine entscheidende Rolle. Da beide Wahlverlierer, also Karl Nehammer (ÖVP) und Andreas Babler (SPÖ), eine Koalition mit Herbert Kickl (FPÖ) ausschließen, könnten sie die prägenden Gesichter der nächsten Bundesregierung werden.
Heute, Freitag, trifft Babler pro forma noch Kickl. Damit schließt sich ein Gesprächsreigen: Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte die drei Parteichefs gebeten, für „Klarheit“ bei der Regierungsbildung zu sorgen. Die Fronten sind klar. Mit folgendem Sondierungsteam wird Babler mit der ÖVP und wohl auch den Neos verhandeln:
Der Traiskirchner zählt zu den erfolgreichsten Lokalpolitikern Österreichs. Bei der Gemeinderatswahl 2020 bestätigten ihn 71,53 Prozent als Bürgermeister. Das Problem des ehemaligen Schichtarbeiters: Offensichtlich halten ihn zu wenige Österreicher für einen Kanzlerkandidaten. Bei der Nationalratswahl wählten „nur“ noch 39,3 % der Traiskirchner ihren Bürgermeister, in der OGM-Kanzlerfrage liegt Babler lediglich auf Platz vier.
Trotzdem soll der 51-Jährige die SPÖ in eine Koalition mit ÖVP und Neos führen. Ernstzunehmende Alternativen für den SPÖ-Vorsitz drängen sich nicht auf. In die Sondierungsgespräche geht der Jäger, Rapid-Fan und Falco-Ultra ohne eigene Erfahrungswerte – aber mit viel Erfahrung an seiner Seite.
Doris Bures – Nationalratspräsidentin und Aufpasserin
Da wäre zuvorderst die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures. Sie zählt zum engsten Kreis von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig. Die 62-Jährige aus Wien-Liesing kennt alle Facetten der heimischen Innenpolitik wie ihre Westentasche, sie war: Ministerin, Bundesgeschäftsführerin und Regierungsverhandlerin. Mit Bures hat Babler eine erfahrene Machtpolitikerin an seiner Seite. Oder eine Aufpasserin, damit die SPÖ kompromissfähig bleibt?
Ob Vermögenssteuern oder 32-Stunden-Woche: Im Wahlkampf kritisierte Bures Bablers Wahlprogramm parteiintern als „unernst“. Der Babler-Vertraute Nikolaus Kowall rief daraufhin einen Vorzugsstimmen-Wahlkampf gegen Bures in Wien aus – und sammelte in 23 von 23 Bezirken mehr Stimmen, auch in Liesing. Bures dürfte dieser „Affront“ nicht entgangen sein.
Der ÖGB-Präsident ist wohl die Schlüsselfigur in Bablers Team – sachpolitisch, teils auch atmosphärisch. Der mächtige Gewerkschafter dürfte mit seinem Gegenüber, WKO-Präsident Harald Mahrer, das aktuell brennendste Thema bearbeiten: wie man dem kriselnden Wirtschaftsstandort vor dem Hintergrund eines massiven Budgetdefizits helfen kann.
In den Krisenjahren fanden die Sozialpartner auch in härtesten Gefechten – wie den Lohnverhandlungen – Kompromisse. Trotz ideologischer Gegensätze: Katzian und Mahrer verbindet genau jene Vertrauensbasis, die Nehammer und Babler auch finden müssen.
Philip Kucher – der Brückenbauer
Hätten sich Nehammer und Vizekanzler Werner Kogler, aber auch die Klubobleute August Wöginger und Sigrid Maurer nicht verstanden, hätte Türkis-Grün nicht die vollen fünf Jahre durchgehalten. In der SPÖ ist einer prädestiniert, ebenso in die Rolle des pragmatischen Brückenbauers zu schlüpfen: der 43-jährige Kärntner Philip Kucher.
Vor dem SPÖ-Parteitag im Juni 2023 unterstützte er offen Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Babler bat ihn dennoch, geschäftsführender Klubchef zu werden. Eine strategisch kluge Entscheidung: Kucher gilt als gesellig und wird fraktionsübergreifend geschätzt.
Eva-Maria Holzleitner – Zukunftshoffnung
Die 31-jährige Frauenvorsitzende ist eine der größten Zukunftshoffnungen der SPÖ. Sie gehört zu Bablers engstem Kreis und wird bei den Sondierungen den progressiven, feministischen Parteiflügel vertreten. Beispielsweise könnte sie mit ÖVP-Staatssekretärin Claudia Plakolm gesellschaftspolitische Politikfelder abstecken. Wobei sich die Gemeinsamkeiten der beiden eher auf ihr Alter und ihre Herkunft beschränken: Oberösterreich.
Holzleitner und Plakolm genießen jeweils das Vertrauen ihrer Parteichefs und gelten als Kandidatinnen für Ministerämter. Sie sitzen also nicht nur am Tisch, um „Erfahrungen“ zu sammeln.
(kurier.at, hamm)
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Aktualisiert am 18.10.2024, 05:26
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