Der Spionage-Skandal wird nicht nur die Gerichte beschäftigen. Seit der Veröffentlichung der Netzwerke rund um den ehemaligen Verfassungsschützer Egisto Ott ist klar, dass das auch ein politisches Nachspiel haben wird. Zu viele Skandale der vergangenen Jahre – von der BVT-Hausdurchsuchung über den Ibiza-Skandal bis zu Wirecard und der Flucht von Jan Marsalek – haben hier einen gemeinsamen Hintergrund.
Für die ÖVP kommt das Auffliegen der Spitzel-Affäre nicht ungelegen. Nun gibt es auch einen prominenten Ex-FPÖ-Mandatar, der im Fokus der Ermittlungen steht. Inwiefern auch FPÖ-Klubchef Herbert Kickl von den Informationsbeschaffungen seines Parteikollegen Hans-Jörg Jenewein profitierte, ist vorerst allerdings noch offen.
Klar ist aber jetzt schon: Die BVT-Clique, gegen die nun ermittelt wird und die mit Jenewein im regen Kontakt war, arbeitete mit der FPÖ rund um den BVT-Skandal zusammen. Ausgelöst wurde der Skandal, indem Kickl mithilfe einer Anordnung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eine Hausdurchsuchung im BVT durchführen ließ. Später wurde die Razzia vom Oberlandesgericht für illegal erklärt.
Diesen Sumpf an vermeintlich korrupten Beamten, die versuchten, den Staat zu schwächen und in vielen Skandale verstrickt gewesen sein sollen, will man nun trockenlegen. Aber wie? Mit einem eigenen, zusätzlichen Untersuchungsausschuss im Parlament?
Für ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger ist klar: einen eigenen, zusätzlichen U-Ausschuss braucht es zur Aufklärung dieses Skandals eigentlich nicht. „Da der ehemalige Generalsekretär Johannes Peterlik im Außenministerium eine eigene Sicherheitseinheit mit seinen korrupten Vertrauensleuten aus dem BVT einrichten wollte, ist das ein klarer Fall von Postenschacher. Wir werden die Akten für den aktuell geplanten U-Ausschuss anfordern“, so Hanger zum KURIER.
Hilfe für Jan Marsalek
Es ist ein breites Feld, das man sich mit der Spionage-Affäre im U-Ausschuss aufmachen kann. Immerhin sollen die Ex-Verfassungsschützer den ehemaligen Wirecard-Vorstand Jan Marsalek serviciert und einer davon ihm auch bei der Flucht geholfen haben. So besteht auch der Verdacht, dass sie ihm ein geheimes Dokument mit der Formel für das Nervengift Nowitschok lieferten.
Egisto Ott und sein Netzwerk sollen auch bei zwei U-Ausschüssen eine Rolle gespielt haben, wie aus dem Akt hervorgeht, dessen Inhalt die Tageszeitung Die Presse an die Öffentlichkeit gebracht hat. Sie dürften die Razzia im BVT ausgelöst haben, die unter FPÖ-Innenminister Herbert Kickl für Aufregung gesorgt und den Ruf dieser Behörde international beschädigt hatte. Die Folge war ein Untersuchungsausschuss zum BVT.
Auch nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos soll die Gruppe die Finger im Spiel gehabt haben. Mit anonymen Anzeigen an die WKStA dürfte Stimmung gegen die SoKo Tape gemacht worden sein, die in der Causa Ibiza ermittelt hatte. Chef-Ermittler Andreas Holzer, mittlerweile Leiter des Bundeskriminalamtes, musste sich deswegen auch vor dem Ibiza-Ausschuss verantworten.
Falls die Causa tatsächlich im aktuellen U-Ausschuss landet, dann spielt der ehemalige Generalsekretär im Außenministerium, Johannes Peterlik, eine entscheidende Rolle. Er gilt eigentlich als ÖVP-nah. Das würde zum Thema des U-Ausschusses passen. Seine Karriere im Außenministerium unter der damaligen Ministerin Karin Kneissl verdankte er aber einem FPÖ-Ticket. Das BVT-Trio kannte er gut, immerhin hatte seine Frau im Verfassungsschutz gearbeitet und war in der BVT-Affäre als Hauptbelastungszeugin aufgetreten.
Nach dem Scheitern der türkis-blauen Regierung musste Peterlik das Außenministerium verlassen und wurde wieder an eine Botschaft geschickt. Ehe er nun vom Dienst suspendiert worden war. Der Grund: Er soll ebenfalls in die vorhin erwähnte Weitergabe der Nowitschok-Formel verwickelt gewesen sein. Ein weiterer Ansatz für den U-Ausschuss könnten die aktuellen BMI-Chats sein, die aus dem Handy von Ex-Kabinettschef Michael Kloibmüller entwendet und über Peter Pilz veröffentlich worden sind. Da soll auch ein Mitglied des BVT-Trios, konkret der IT-Techniker H., die Finger im Spiel gehabt haben.
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