Spindelegger: "Mehr Jobs sichern Pensionen"

Franz Gruber
ÖVP-Chef Spindelegger: Bei steigender Arbeitslosigkeit droht Pensionsreform.

Im Nahen Osten liegt Krieg in der Luft, die USA rüsten zum Militärschlag gegen Syrien. Dazu und zu aktuellen Leser-Fragen gab Außenminister und Vizekanzler Michael Spindelegger dem KURIER ein Interview.

KURIER: Herr Vizekanzler, muss man sich fürchten, dass es im Nahen Osten zu einem Flächenbrand kommt?

Michael Spindelegger: Das weiß man nie am Beginn einer militärischen Auseinandersetzung. Darum bin ich auch sehr zurückhaltend, dass eine militärische Operation wirklich zu begrüßen ist, selbst wenn es Giftgaseinsätze gegeben hat. Es ist glasklar: Wer immer Chemiewaffen einsetzt, begeht Kriegsverbrechen. Das gehört geahndet. Darum muss, wenn Beweise auf dem Tisch liegen, im Sicherheitsrat eine Entscheidung getroffen werden, den internationalen Strafgerichtshof einzuschalten. Die beste Lösung eines Konflikts ist immer eine politische. Ich weiß, es schaut im Moment nicht danach aus, aber eine Staatengemeinschaft muss immer alles tun, damit das ermöglicht wird. Ich werde am Donnerstagfrüh in Wien mit UN-Generalsekretär Ban Ki-moon darüber ein Gespräch haben.

Sie lehnen eine Militäraktion rundweg ab?

Ich bin sehr skeptisch, weil die Folgen nicht absehbar sind. Vor einem Militärschlag sollte man auf jeden Fall abwarten, bis das Ergebnis der UN-Inspektoren über den Giftgaseinsatz vorliegt.

Kann man den syrischen Diktator Assad auch in dessen Abwesenheit vor den internationalen Strafgerichtshof stellen?

Ja, das ist möglich.

Zum Inland. Wollen Sie, dass die Arbeitnehmer künftig länger arbeiten müssen für weniger Geld? Sollen Überstundenzuschläge wegfallen?

Nein, absolut nicht. Worum es mir geht, ist ganz einfach erklärt: Viele Unternehmen haben heute Aufträge in bestimmten Fristen zu erledigen. Wenn die Frist am Mittwoch endet, dann soll am Montag und Dienstag mehr gearbeitet werden, dafür am Donnerstag und Freitag weniger. Ich stelle nicht die Tageshöchstarbeitszeit für jeden in den Raum und schon gar nicht will ich die 38,5-Stunden-Woche abschaffen.

Sie sagen, in der nächsten Legislaturperiode wird das Frauenpensionsalter nicht erhöht. Aber man könnte ja auch beschließen, dass es nach 2018 früher erhöht wird. Soll es bei der derzeitigen gesetzlichen Regelung bleiben, dass es erst ab dem Frauen-Geburtsjahrgang 1964 ansteigt?

Ich berücksichtige voll den Vertrauensschutz, der besagt, man kann die Menschen nicht unmittelbar vor neue Gegebenheiten stellen. In der nächsten Periode braucht keine Frau die Sorge zu haben, dass eine Frist zu laufen beginnt, die sie völlig überrascht. Alles andere bestimmt der Wähler mit. Ich habe ein Programm für mehr Arbeitsplätze vorgelegt. Das heißt für die Pensionen: Mehr Arbeitnehmer bringen mehr Einnahmen in die Pensionsversicherung. Wenn ich das Gegenteil bewirke – weniger Arbeitsplätze – wird es in der nächsten Periode für alle schon wieder eng. Dann müsste eine Pensionsreform kommen. Ich sehe das auch in der Mitverantwortung der Wähler zu entscheiden, was sie wollen: Den wirtschaftlichen Kreislauf wieder in Gang zu bringen, um mehr Sicherheit für die Pensionen zu bringen.

Wenn die Arbeitslosigkeit weiter steigt, wird es eine Pensionsreform geben müssen?

Wie will man denn sonst diesbezüglich handeln? Man muss sich nach der Decke strecken. Jede Regierung wird exakt die Gutachten der Pensionskommission berücksichtigen müssen. Mit meinem Arbeitsplatzprogramm will ich erreichen, dass man sich um die Pensionen nicht sorgen muss.

Sie sagen, es wird spätestens 2016, wenn das Budget ausgeglichen ist, eine Entlastung geben. Was ist für Sie prioritär? Die Abgeltung der kalten Progression? Ein niedrigerer Eingangssteuersatzes? Senken der Lohnnebenkosten?

Prioritär sind die Familien. Dort ist eine Entlastung notwendig, weil der Aufwand höher wird, das Leben wird teurer. Daher müssen die entlastet werden, die nicht nur für sich, sondern auch für ihre Kinder sorgen müssen. Es soll daher pro Kind 3500 Euro für den Mann und 3500 Euro für die Frau als steuerlichen Absetzbetrag geben.

Es gab einen ÖVP-Obmann, der als Dritter Kanzler wurde. Schließen Sie aus, dass Sie als Zweiter Kanzler werden, wenn Sie eine Mehrheit finden?

Sie spielen auf das Jahr 2000 an. Auch damals hat die stärkste Partei, die SPÖ, den Regierungsbildungsauftrag erhalten. Der SPÖ-Vorstand hat dann aber das Verhandlungsergebnis mit der ÖVP nicht akzeptiert, deswegen kam die Koalition nicht zustande. Aus meiner Sicht muss auch diesmal der, der als Erster durchs Ziel geht, den Regierungsbildungsauftrag bekommen. Das werde ich sein.

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