Sobotka will U-Ausschuss „entemotionalisieren“, Vorsitz aber nur in bestimmten Fällen abgeben
Er spricht von dem Ziel des Entemotionalisierens – aber den Vorsitz im ÖVP-U-Ausschuss wird er trotzdem nicht abgeben. Was für die Opposition als Widerspruch gesehen wird, ist für Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka machbar.
Dafür hat er einen Plan: Wenn seine Amtszeit als Innenminister im Fokus der Untersuchungen steht, wird Sobotka im Sitzungssaal nicht anwesend sein. „Wenn mein ehemaliger Kabinettschef Michael Kloibmüller aussagen wird, werde ich den Vorsitz abgeben“, so Sobotka. Diese Strategie will er bei mehreren Auskunftspersonen anwenden.
Auch wenn der ehemalige Abgeordnete Peter Pilz, der zuletzt die Chats rund um die Postenbesetzungen im Innenministerium veröffentlichte und der WKStA übergab, als Auskunftsperson geladen ist, wird Sobotka nicht den Vorsitz führen. „Ich habe kein Interesse daran, etwas an die Spitze zu treiben“, sagt Sobotka.
Eine Befangenheit will der Nationalratspräsident nicht nur bei sich sehen. „Jedes Mitglied im U-Ausschuss ist Partei, keiner ist zur Objektivierung verpflichtet. Außerdem gibt es keine Regel für Befangenheit bei einem Parlamentarier“, rechtfertigt Sobotka seinen Entschluss.
Deswegen wolle er sich nicht aus der Verantwortung stehlen und den Vorsitz, wie es die Verfassung vorsieht, auch wahrnehmen. Ein anderes Szenario war eigentlich nicht anzunehmen.
Problem Thomas Schmid
Außerdem berichtet der Nationalratspräsident von vielen anderen Problemen rund um den ÖVP-U-Ausschuss. Etwa dem Problem der Ladung von Thomas Schmid. Der Ex-Generalsekretär im Finanzministerium hat derzeit offenbar keinen offiziellen Wohnsitz in Österreich. Das Parlament habe daher keine rechtliche Basis, Schmid mit einer Zwangsmaßnahme zur Aussage vor den U-Ausschuss zu zwingen.
Ein anderes Problem sind die enormen Datenmengen, die derzeit geliefert werden. 8000 Datenträger wurden schon eingespielt, 1.956 Ordner und 500.000 Dokumente wurden angeliefert. Die Mitarbeiter in der Registratur mussten von fünf auf sieben aufgestockt werden, Stahlschränke um 15.000 Euro angeschafft werden. Bis Juni wird es um ein Drittel mehr Sitzungstage als bei früheren U-Ausschüssen geben. Ein Tag im U-Ausschuss kostet 60.000 bis 70.000 Euro – das verursachte Kosten von 3,6 Millionen für den Ibiza-Ausschuss.
„Lex imperfecta“
Sobotka spricht von einer „Lex imperfecta“ (unvollständiges Gesetz), wenn er an die Verfahrensordnung im U-Ausschuss denkt. Zu viele Defizite habe der Ibiza-U-Ausschuss aufgezeigt. Etwa der Datenschutz sei ein großes Problem, gibt es doch immer wieder Leaks von Chats und Dokumenten. „Ich komme nicht hinter die Leaks. Das ist fast eine kriminalistische Tätigkeit“.
Bereits im Sommer schickte Sobotka einen Einladungsbrief an die Klubleute aller Parteien, um die U-Ausschuss-Verfahrensordnung gemeinsam mit den Klubchefs zu evaluieren. Antwort erhielt er nur von einer Partei, alle anderen ignorierten seine Einladung. Sobotkas „Role Modell“ wäre Deutschland. Er könne sich viel vorstellen, wie etwa Liveübertragungen, aber auch, dass der Vorsitzende von den Parteien künftig gewählt werde. I.Metzger
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