Das Parlament geht in die Sommerpause und der Ibiza-U-Ausschuss endet vorerst. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka zieht Bilanz:
KURIER: Herr Sobotka, wenn die Opposition den Ibiza-U-Ausschuss im Herbst wieder einsetzt, werden Sie abermals den Vorsitz übernehmen oder lassen Sie es?
Wolfgang Sobotka: Ich begebe mich hier nicht in eine Situation, dass man mir vorwirft, dass ich meiner Arbeit nicht nachkomme. Ich werde wieder den U-Ausschuss-Vorsitz führen.
Sie haben auch eine Verantwortung für das Ansehen des Parlaments. Wenn Sie zur Reizfigur wurden, warum lassen Sie sich nicht vertreten?
Da irren Sie sich schlicht und ergreifend. Ich bin auf das Gesetz vereidigt. Laut der Verfassung habe ich den Vorsitz für Untersuchungsausschüsse zu führen. Das kann man sich nicht aussuchen. Das wäre eine groteske Ansicht. Ich habe keine einzige Entscheidung gegen die Meinung des Verfahrensrichters im U-Ausschuss getroffen.
Vier Anzeigen wurden eingestellt, es gibt jetzt eine weitere wegen Falschaussage im U-Ausschuss, weil Sie verneinten, Jan Marsalek in Moskau getroffen zu haben. Warum konnten Sie sich nicht erinnern?
Wir müssen von dieser Strafanzeigen-Methodik im U-Ausschuss wegkommen. Ich bin das schon gewohnt. 15 Mal wurde ich angezeigt. Noch nie ist was rausgekommen. Das ist ja kein politisches Mittel. Die Diskussion sollte das politische Mittel sein, aber nicht das gerichtliche Verfahren. Können Sie sich erinnern, mit wem Sie in einer Gruppe vor vier Jahren waren und wem Sie damals die Hand gegeben haben? Dann gratuliere ich Ihnen.
Jan Marsalek ist neben Ihnen gesessen ...
Ich habe den Mann weder vorher noch nachher gesehen. Ich habe Hunderte Leute getroffen und so bedeutend war er nicht. Und zweitens hätte ich gar nichts dagegen, wenn ich ihn gekannt hätte. Damals war Wirecard ein hoch angesehenes DAX-notiertes Unternehmen. Die Manager sind im deutschen Bundeskanzleramt aus- und eingegangen, und man kann nie wissen, wie sich jemand entwickelt.
Sie haben von der Abschaffung der Wahrheitspflicht in einem TV-Interview gesprochen. Sie meinten später, das hätten Sie nie so gemeint, sondern, dass der Druck von den Auskunftspersonen genommen werden soll. Wie soll das funktionieren?
Das ist eine miese Art, den Versuch eines differenzierten Dialogs mit einer Schlagzeile in ein besonderes Licht zu rücken. Als Christdemokrat ist „Du sollst nicht lügen“ die oberste Prämisse, das weiß jeder, der die Zehn Gebote ernst nimmt. Die Auskunftspersonen stehen aber unter hohem Druck. Es wird ständig versucht, der Auskunftsperson eine Falle zu stellen. In einer vierstündigen Befragung wird alles auf die Goldwaage gelegt. Das ist der Grund, warum sich Auskunftspersonen auf dem heißen Stuhl der politischen Abrechnung nicht erinnern können oder entschlagen. Wie kann man das verbessern? Wenn der Mandatar der Auskunftsperson eine Frage stellt, dann wäre es aus meiner Sicht sinnvoll, wenn diese auch schriftlich vorgelegt wird. Die Fragen sind teilweise sehr komplex, da hilft es, diese in Ruhe durchlesen zu können. Es braucht dringend eine Reform, aber das liegt an den Fraktionen.
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka zu Gast im Checkpoint bei Ida Metzger
Ministerin Karoline Edtstadler will höhere Hürden für den Zugriff auf private Chats. Was schlagen Sie vor?
Was man wirklich ändern muss, ist eine Frage, die sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergibt, denn der Datenschutz ist ganz massiv verletzt worden. Das nimmt jeder fast achselzuckend zur Kenntnis. Das halte ich für eine der gröbsten Verletzungen, die überhaupt in der Zweiten Republik passiert sind.
Die Lieferung geht auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zurück. Das ist immerhin die oberste rechtsstaatliche Instanz ...
Trotzdem kann man Passagen schwärzen oder in einer entsprechenden Geheimhaltungsstufe liefern. Wenn eine Partei sagt, dass sie Recht bricht, um Chats zu veröffentlichen, dann fehlt mir das Verständnis dafür.
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