Überhaupt sei klar, dass die liberale Demokratie – trotz all ihrer Mängel – autoritären Systemen in Krisen „massiv überlegen“ sei. „Das sieht man in diesen Tagen sehr deutlich in China.“
Sobotka kann also keine grundlegende Demokratie-Feindlichkeit ausmachen. Sehr wohl aber bestätigt er eine Unzufriedenheit mit dem Umgangston in der Tagespolitik. „Die Menschen stört die Art der persönlichen Begegnung, der Umgang mit der Meinung des anderen.“ Der zentrale Begriff sei hier der „Respekt“. Diesen könne man freilich nicht in Seminaren lehren oder verordnen. Man müsse ihn leben.
Der Umzug des Nationalrats in das sanierte Parlamentsgebäude ist für den Nationalratspräsidenten diesbezüglich „eine große Chance“: Die Fraktionen und alle Politiker könnten sich in den neuen, für die Bevölkerung deutlich geöffneten Räumen „neu positionieren“, findet Sobotka. Kritik an ihm als Person (der ÖVP-Politiker wurde nicht nur für seine Vorsitzführung im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss, sondern zuletzt auch für Alleingänge beim Parlamentsumbau kritisiert, Anm.) lässt Sobotka nicht an sich abprallen. „Ich habe meine Lektionen gelernt und werde versuchen, wesentliche Dinge anders zu machen.“ Dazu gehört für den streitbaren Parlamentschef, in der parlamentarischen Arbeit mehr auf Kompromisse und den Konsens zu setzen.
Was seine Rolle im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss angeht, bleibt Sobotkas Haltung unverändert: Der Nationalratspräsident hofft, dass sich die Fraktionen selbstständig auf einen Fahrplan für die Verlängerung einigen können; entsprechende Aufforderungen der SPÖ, wonach er, Sobotka, das Szepter in die Hand nehmen solle, weist der Kritisierte zurück – die Usancen seien nun einmal so, dass Sitzungstermine im Konsens zwischen den einzelnen Fraktionen fixiert würden.
Apropos: In den Parlamentsklubs geht man davon aus, dass der ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss zwar noch Sitzungstage vereinbaren bzw. abhalten, aber keine Zeugen mehr hören kann. Die Fraktionen haben sich am Dienstag zwar informell geeinigt, dass der U-Ausschuss am 17. und am 20. Jänner theoretisch noch einmal zusammentreten könnte.
Gleichwohl muss bezweifelt werden, dass Auskunftspersonen tatsächlich noch kommen. „Zuerst müssen die Ladungen formal beschlossen und dann verschickt werden“, erklärt ein Parlamentsmitarbeiter. „Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand danach kurzfristig für den 17. oder 20. Jänner für viele Stunden verfügbar ist, ist eher gering.“
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