Slowenenführer Sturm: Einer, der über seinen Schatten sprang
Für Außenstehende war der Kärntner Ortstafelstreit nie leicht zu verstehen. Für die Kärntner – sowohl die deutschsprachige Mehrheit als auch die Kärntner Slowenen – war die Frage, wo zweisprachige Ortstafeln aufgestellt werden sollen, fast schon identitätsstiftend. Stand sie doch für das tiefe Misstrauen zwischen den Volksgruppen. Am 26. April 2011 endete der jahrzehntelange Streit mit einer Einigung auf 164 zweisprachige Ortstafeln.
Wegbereiter der Lösung waren Marjan Sturm, der vor kurzem als Obmann des Zentralverbands Slowenischer Organisationen zurücktrat, und Josef Feldner, Obmann des Kärntner Heimatdienstes. Dabei standen beide jahrelang in vorderster Front in dem bis 1918 zurückreichenden Konflikt.
Damals erhob der SHS-Staat, das spätere Jugoslawien, Gebietsansprüche und marschierte in Südkärnten ein. Es folgte der Abwehrkampf. Die Volkabstimmung vom 20. Oktober 1920 sicherte die Einheit des Landes – zumindest territorial. Das Misstrauen zwischen Deutschkärntnern und Slowenen blieb. Und wurde in der Folge durch NS-Verbrechen an der slowenischsprachigen Minderheit und Übergriffe von Partisanen auf deutschsprachige Zivilisten vertieft.
„Die Zeit war reif“
Die Ortstafeln wurden zum politischen Symbol des Streits. Versuche, eine Lösung zu erzwingen, endeten im Ortstafelsturm der 1970er Jahre. Das Klima blieb vergiftet. Sturm und Feldner gehörten zu den Scharfmachern – bis sie sich 2005 auf Initiative des damaligen Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel gemeinsam an einen Tisch setzten. „Die Zeit war reif“, sagt Feldner.
Nach einem Monat legte die „Konsensgruppe“ einen Ortstafel-Vorschlag auf den Tisch. Die Politik sollte noch sechs Jahre brauchen, bis sie sich zu einer Lösung durchrang. Erst dann „stand ein Zeitfenster offen mit einem Landeshauptmann (Gerhard Dörfler, Anm.), der bereit war, eine Position einzunehmen, die früher undenkbar war“, sagt Sturm.
Ehrungen und Kritik
Für ihr Engagement wurde die Konsensgruppe mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. So erhielten Sturm und Feldner 2009 den Europapreis des Europäischen Parlaments und 2012 das Große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.
Sie ernteten aber auch viel Kritik aus den eigenen Reihen. „Die Hardliner haben damals den Kärntner Heimatdienst fluchtartig verlassen – immerhin ein Drittel der Mitglieder“, erzählt Feldner heute. Doch die Konsens-Partner ließen sich nicht beirren. Sie richten den Blick nach vorne und führen den Dialog bis heute fort. Und wenn sie zurückblicken, dann zusammen. So wird mittlerweile gemeinsam der Opfer von Krieg und Gewalt gedacht – was manchen in ihren Verbänden überhaupt nicht gefällt.
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