Schreiduelle zwischen Ministern

Betretene Gesichter: Die Stimmung in der Regierung ist schlecht. Sowohl zwischen SPÖ und ÖVP, als auch in den jeweiligen Parteien kracht es.
SPÖ und ÖVP sind miteinander, aber auch intern zerstritten. Die VP würgt am Eigentor bei Steuerreform.

Die Turbulenzen in der SPÖ verstellen den Blick auf die ÖVP. Auch für sie hat sich durch den unerwarteten Erfolg der FPÖ bei den Landtagswahlen am vergangenen Sonntag einiges geändert.

Die Volkspartei war von der Arbeitshypothese ausgegangen, dass sie die Landtagswahlen halbwegs unbeschadet überstehen würde, dass etwaige Verluste ihrer Landesparteien von viel größeren Verlusten bei den Sozialdemokraten übertüncht würden. Letzteres ist zwar eingetreten, aber Ersteres, die lässlichen Verluste, nicht. Auch die ÖVP hängt nach einem Aderlass in Richtung FPÖ in den Seilen.

Die Konsequenz: Die Neuwahl-Ideen, die in den innersten Führungszirkeln der ÖVP unmittelbar nach dem Parteitag gewälzt wurden (der KURIER berichtete ausführlich), sind ad acta gelegt. Das Risiko ist zu groß, dass die FPÖ aus Neuwahlen als stärkste Partei hervor gehen würde. Die Länder und Bünde wären ohnehin nur schwer für Neuwahlen zu begeistern gewesen, auf das Risiko, dass am Ende der Kanzler Heinz Christian Strache statt Reinhold Mitterlehner heißt, will sich schon gar niemand einlassen.

Was sich nicht geändert hat, ist die Analyse der Gefahrenpotenziale für die ÖVP. Hinter dem Neuwahl-Planspiel war ja die Furcht gestanden, von einer reformunwilligen SPÖ mit in den Abgrund gezogen zu werden. Drei Jahre Stillstand (bis zum regulären Wahltermin 2018) bei sich verschlechternden Standortfaktoren und steigender Arbeitslosigkeit würde die Wahlchancen der ÖVP und ihres Obmanns Mitterlehner massiv beeinträchtigen. Daher das Kalkül vor den Landtagswahlen: Abspringen.

Nun ist guter Rat teuer. Wie der KURIER erfuhr, brütet die schwarze Führung über einer neuen Strategie. Hat man bisher Kanzler Werner Faymann geschont, um einen schwachen gegnerischen Spitzenkandidaten bei der nächsten Wahl zu haben, ist jetzt eine härtere Gangart angesagt. "Wir müssen uns selbst retten, indem wir uns ordentlich auf die Hinterhaxen stellen und von Faymann einfordern und einfordern und einfordern", sagt ein Spitzen-ÖVPler.

Zugegeben wird in der ÖVP aber auch, dass der Stimmenabfluss zur FPÖ Eigenfehlern geschuldet ist: Mit Rauchverbot, Registrierkassen, Konten-Einschau hat sich für schwarze Stammklientel zu viel angesammelt. Der Ärger der Wirte mit deren Multiplikatoreffekt wurde unterschätzt. "Alle Bürger unter den Generalverdacht des Steuerbetrugs zu stellen, brachte das Fass zum Überlaufen", erzählen volksnahe Spitzenpolitiker. Aber nicht nur die "kleinen Leute" sind erbost. Der stets ruhige Justizminister Wolfgang Brandstetter sei "ausgezuckt" und habe Finanzminister Hans Jörg Schelling "Schreiduelle" geliefert. "Bei uns geht’s rund", erzählt ein Intimkenner der Szene.

Fasst man die Ereignisse nach den ersten beiden Landtagswahlen dieses Jahres zusammen, zeigt sich ein ernüchterndes Bild: Der Kanzler kämpft ums politische Überleben in der eigenen Partei; Die ÖVP würgt an Eigenfehlern und versucht sich aus dem Abwärtsstrudel der SPÖ loszustrampeln. Die Regierungsparteien jagen einander wechselseitig Landeshauptmann-Posten ab, wobei sie sich einen zum Fremdschämen peinlichen Wettlauf um die Gunst einer skrupellos xenophoben FPÖ liefern. Geht’s eigentlich noch schlimmer?

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