Schnizer erklärt sich für befangen gegenüber der FPÖ

Johannes Schnizer.
Lässt sich bei Verhandlung über Tiroler Agrargemeinschaften vertreten, weil Anfechtung von FPÖ unterstützt wurde. Kickl will Schnizer nicht klagen.

Die öffentliche Verhandlung des Verfassungsgerichtshofes - es geht um die Tiroler Agrargemeinschaften - begann am Donnerstag mit einer Überraschung: Der aufgrund seiner öffentlichen Interviews umstrittene Verfassungsrichter Johannes Schnizer nahm laut KURIER-Informationen an der Verhandlung nicht teil und wurde kurzfristig von Ersatzmitglied Angela Julcher vertreten. Julcher arbeitet regulär am Verwaltungsgerichtshof.

Wie der Verfassungsgerichtshof der APA bestätigte, hat sich Schnizer für befangen erklärt, weil die FPÖ an der entsprechenden Beschwerde des Tiroler Landtages beteiligt war.

>> Zum KURIER-Interview mit FP-Anwalt Böhmdorfer: "Haben Anfechtung nicht geplant"

Schnizer hat die Kritik der FPÖ auf sich gezogen, weil er der Partei in Interviews vorgeworfen hatte, die Wahlanfechtung bereits vor der Bundespräsidenten-Stichwahl vorbereitet zu haben. Belege dafür legte Schnizer nicht vor und begründete seinen Verdacht mit der überaus ausführlichen Anfechtungsschrift. Die Partei und ihr Anwalt Dieter Böhmdorfer wiesen den Vorwurf zurück.

Kickl: "Unwahre Behauptungen zurücknehmen"

Die FPÖ hat am Donnerstag betont, den Verfassungsrichter Johannes Schnizer nicht klagen zu wollen. Die FPÖ habe "im Interesse der größtmöglichen Wahrung des Ansehens des Verfassungsgerichtshofes kein Interesse an einem Rechtsstreit vor Gericht", so Generalsekretär Herbert Kickl in einer Aussendung. Er fordert Schnizer allerdings auf, seine "unwahren Behauptungen" zurückzunehmen.

Schnizer erklärt sich für befangen gegenüber der FPÖ
Die Forderung, seine Behauptungen im Zusammenhang mit der Anfechtung der Bundespräsidentenwahl zurückzunehmen, wurde Schnizer nach Angaben der FPÖ am Donnerstag über ihren Medienanwalt Michael Rami zugestellt. Von einer Klage sei zum jetzigen Zeitpunkt keine Rede, so Kickl. Er hoffe, dass Schnizer seinen nächsten Schritt so setze, "dass sowohl die Unwahrheiten über die FPÖ zurückgezogen werden und als auch zugleich dem Ansehen des es VfGH kein weiterer Schaden zugefügt wird". Nicht kommentieren wollte der Sprecher des Gerichts einen Bericht derPresse, wonach mehrere Mitglieder des Gerichtshofes auf Schnizers Rücktritt drängen. "Wir wollen uns als Gerichtshof nicht an Spekulationen beteiligen", so Präsidialdirektor Dieter Kandlhofer, der vorübergehend als Sprecher des Höchstgerichts agiert.

Strache: "Eines Verfassungsrichters nicht würdig"

Unterdessen hat FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am Donnerstag bei einer Klubobleutekonferenz in Krems die Äußerungen von Johannes Schnizer als "eines Verfassungsrichters nicht würdig" bezeichnet. Er verwies laut einer Aussendung auf die "Tathandlungen rot-schwarzer Bezirkswahlleiter, die de facto rechtswidrig und viel zu früh ausgezählt haben".

"Erst nach diesen unfassbaren Gesetzesbrüchen und Hinweisen aus der Bevölkerung" habe die FPÖ reagiert, stellt Strache fest. Er bezeichnete es als "einmalig in der Geschichte der Zweiten Republik, dass ein angeblich unabhängiger Richter solche Unwahrheiten verbreitet".

Können Verfassungsrichter abberufen werden?

Verfassungsrichter können sowohl zurücktreten als auch abberufen werden - letzteres kann aber nur der Gerichtshof selbst mit Zweidrittelmehrheit beschließen. Möglich wäre ein solches Disziplinarverfahren, wenn sich ein Mitglied "der Achtung und des Vertrauens, die sein Amt erfordert, unwürdig gezeigt hat". Vorgekommen ist die Abberufung noch nie, Verfahren gab es aber bereits.

Geregelt ist die Abberufung von Verfassungsrichtern im § 10 des Verfassungsgerichtshofgesetzes. Neben anderen Gründen (Annahme eines Regierungs- oder Parlamentsmandats, unentschuldigtes Fehlen bei drei aufeinanderfolgenden Verhandlungen sowie Amtsuntauglichkeit wegen eines schweren körperlichen oder geistigen Gebrechens) wird dort auch unwürdiges Verhalten als möglicher Anlass für ein Amtsenthebungsverfahren genannt.

Demnach wäre ein Mitglied des Gerichtshofes vom Amt zu entheben, wenn es sich "durch sein Verhalten im Amt oder außerhalb des Amtes der Achtung und des Vertrauens, die sein Amt erfordert, unwürdig gezeigt oder die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit gröblich verletzt hat".

Ein formales Antragsrecht für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gibt es laut dem früheren Präsidenten Ludwig Adamovich nicht. Wie er auf APA-Anfrage sagte, müsste die Initiative dazu vom Präsidenten ausgehen. Für die Einleitung des Verfahrens ist dann eine einfache Mehrheit, für die Amtsenthebung selbst eine Zweidrittelmehrheit der Richter nötig. Anzuhören sind das betreffende Mitglied des Gerichts sowie der Generalprokurator, also der Chef der Staatsanwaltschaft beim Obersten Gerichtshof.

Beschlossen wurde eine Amtsenthebung noch nie, Disziplinarverfahren gab es aber bereits. So hat Adamovich 2001 ein Verfahren gegen sich selbst beantragt, nachdem der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ) im Zusammenhang mit einem Ortstafel-Urteil (unwahre) Vorwürfe gegen ihn gerichtet hatte. Der Generalprokurator wertete Haiders Vorwürfe als Versuch der unsachlichen Einflussnahme gegen ein nicht genehmes Urteil und sah keinen Anlass für ein Amtsenthebungsverfahren. Der Gerichtshof schloss sich dem an und leitete kein Verfahren gegen Adamovich ein.

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