Politischer Streit um Richterposten soll nicht politisch gewesen sein

Politischer Streit um Richterposten soll nicht politisch gewesen sein
Warum bei der Ex-Präsidentin der Richtervereinigung gegen das Frauenförderungsgebot verstoßen wurde.

14 Monate lang herrschte bei der Besetzung von zwei wichtigen Führungsjobs ein Patt zwischen den damaligen Koalitionsparteien ÖVP und Grünen, bis im Jänner 2024 eine „Lösung“ gefunden wurde: Direktorin der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) wurde Natalie Harsdorf, Präsident des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) wurde Christian Filzwieser. Beide waren in ihren Bewerbungsverfahren nur zweit- bzw. drittplatziert gewesen. Die Erstplatzierten – Michael Sachs und Sabine Matejka – gingen leer aus.

Matejka wandte sich an die Gleichbehandlungskommission des Bundes. Im August fand eine Anhörung statt. Das Ergebnis: Die Entscheidung habe gegen das Frauenförderungsgebot des Bundesgleichbehandlungsgesetzes verstoßen, wonach die Ministerien bei Führungsjobs für ein 50:50-Verhältnis zu sorgen und bei gleicher Qualifikation Frauen zu bevorzugen haben. So weit, so klar.

Das zweite Ergebnis: „Eine Diskriminierung von Mag. Matejka aufgrund des Geschlechtes und der Weltanschauung konnte nicht festgestellt werden.“ Das heißt: Sie wurde nicht benachteiligt, weil sie eine Frau ist, und ihre politische Ausrichtung soll keine Rolle gespielt haben.

Das erstaunt: Schließlich konnte ganz Österreich über Monate hinweg dabei zuschauen, wie sich ÖVP und Grüne um die Postenbesetzungen zankten. Die Grünen hielten Sachs für einen „türkisen Wunschkandidaten“, nicht ausreichend qualifiziert – und zweifelten die Kommission an, die ihn für die BWB erstgereiht hatte.

Die ÖVP sagte nie klar, warum sie Matejka fürs BVwG ablehnte, diese lässt sich auch keiner Partei zuordnen. Denkbar, dass das eine Retourkutsche für Sachs war; denkbar aber auch, dass Matejka als damalige Präsidentin der Richtervereinigung den damaligen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu oft kritisiert hat, wenn dieser wieder einmal die Justiz attackierte.

Die Ergebnisse der Kommission wurden Matejka kürzlich mitgeteilt, die Begründung wird im Gutachten nachgeliefert. Auf Basis dessen kann sie Schadenersatz von der Republik fordern.

Unterdessen gab es für Matejka auch eine erfreuliche Entwicklung: Sie wurde im Oktober in der Versammlung der Internationalen Richtervereinigung (IAJ) zur ersten Vizepräsidentin und anschließend in der Europäischen Richtervereinigung (EAJ) zur Präsidentin gewählt.

Die EAJ ist ein Zusammenschluss von 44 Richtervereinigungen aus ganz Europa. Die Mitglieder unterstützen einander, wenn es zu Eingriffen in die Unabhängigkeit der Gerichte kommt oder wenn Regierungen versuchen, Einfluss auf die Ernennung von Richtern zu nehmen.

Sachs, der Vizepräsident des BVwG ist, ging übrigens auch zur Gleichbehandlungskommission, ein Ergebnis ist nicht bekannt. Gegen ihn und u. a. den früheren BVwG-Präsidenten Harald Perl läuft ein Strafverfahren wegen Amtsmissbrauchs, weil sie bei der Zuteilung von Verfahren an Richter eingegriffen haben sollen.

Was Matejkas Kollegen in der EAJ wohl von alledem halten würden?

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