Brisante Postenbesetzungen: Österreichs Wettbewerbshüter und die Politik
Die Bundeswettbewerbsbehörde BWB ist eine der wichtigsten Institutionen, um eine funktionierende Marktwirtschaft zu gewährleisten. Sie legt sich ziemlich unerschrocken auch mit den Großen an. 70 Millionen Euro Geldbuße gegen den Handelsriesen Rewe, fast acht Millionen gegen Saubermacher, die Ermittlungen gegen die Bierbrauer und das Baukartell laufen noch.
Liegt in der Natur der Sache, dass die BWB Druck aus der Wirtschaft ausgesetzt ist. Und immer wieder Ziel politischer Begehrlichkeiten wird.
Noch in schlechter Erinnerung ist das elendslange parteipolitische Tauziehen zwischen ÖVP und Grünen um die Spitze. Bis sich die beiden Koalitionsparteien auf einen Kuhhandel mit BWB und dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) einigten.
Die interne Begutachtungskommission hatte den von der ÖVP forcierten Michael Sachs, Vizepräsident des Verwaltungsgerichts, mit einem Punkt Vorsprung als Erstgereihten gesetzt. Doch Generaldirektorin wurde im November 2023 Natalie Harsdorf, langjährige stellvertretende Behördenleiterin, die nach dem Abgang des ÖVP-nahen Theo Thanner zwei Jahre lang als Chefin einsprang. Heute attestieren ihr selbst die Anwälte der Gegenseite, einen ausgezeichneten Job zu machen.
Sachs ging dagegen vor die Gleichbehandlungskommission. Aus deren Entscheidung wird ein Staatsgeheimnis gemacht. Sachs wollte gegenüber dem KURIER grundsätzlich keine Stellungnahme abgeben.
2026 muss das Wirtschaftsministerium unter Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) wieder Posten im Wettbewerbsumfeld neu besetzen. Die Jobs der acht Mitglieder der Wettbewerbskommission, die der BWB beratend zur Seite stehen soll, laufen zur Jahresmitte aus. Sozialpartner und Wirtschaftsministerium beschicken das Gremium zu gleichen Teilen.
Michael Sachs, Wettbewerbskommission, ÖVP
Amtsmissbrauch?
In dieser Kommission sitzt auch Michael Sachs. Das könnte noch heikel werden. Gegen ihn läuft nach wie vor ein Verfahren der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch. Ebenso gegen den inzwischen pensionierten Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichtes, Harald Perl (SPÖ). Es gilt die Unschuldsvermutung.
Die Staatsanwaltschaft prüft auf Grund einer Anzeige eines Richters seit mehr als eineinhalb Jahren, ob Perl und Sachs bei der Zuweisung von Fällen an die BVwG-Richter eingegriffen hatten und somit die Unabhängigkeit bei der Auswahl der Richter umgangen wurde. Die Fälle seien nicht unverzüglich den zuständigen Richtern zugeteilt worden, lautet der Vorwurf.
Beliebt an Österreichs größtem Gericht waren auch sogenannte Kreuzreihungen. Empörte Richter warfen SPÖ und ÖVP unter Perl und Sachs massive Einflussnahme bei den Posten-Besetzungen vor. Über sogenannte Kreuzreihungen wurde der Kreis der Kandidaten für neue Jobs stark dezimiert und parteipolitisch abgesichert, der KURIER berichtete.
Harald Perl, Beschaffungs-Prüfkommission, SPÖ
Altpräsident und Beschuldigter Perl sitzt auf einem Ticket der SPÖ übrigens nach wie vor in der Beschaffungs-Prüfkommission des Verteidigungsministeriums. Diese ist als Bastion gegen Korruption bei Beschaffungen für die Landesverteidigung gedacht. Das sechsköpfige Gremium, vorgeblich unabhängig, wird von ÖVP, SPÖ und FPÖ gleichermaßen beschickt.
Zurück zum Wettbewerb. Die Antworten auf eine parlamentarische Anfrage der FPÖ an Hattmannsdorfer wegen des Ermittlungsverfahrens gegen Sachs fielen unüblich knapp aus, Enthebungsgründe würden nicht vorliegen.
Die Kommission zeichnet sich aber ohnehin nicht durch besonderes Engagement aus. Nur vier Gutachten seit 2008, das letzte 2022 über den Treibstoffmarkt. Bei der jährlichen Schwerpunktempfehlung griff man schon mal daneben. Die BWB möge doch den Onlinehandel, insbesondere die (Billig)Lieferungen aus China anschauen. Die Behörde hat dafür aber gar nicht die gesetzliche Handhabe. Davon abgesehen, ist das ein Thema auf EU-Ebene, was sollte Österreich ausrichten?
Die Kommissionsmitglieder müssen über alle möglichen Qualifikationen verfügen, jedoch nicht über Kenntnisse im Wettbewerbsrecht. Dass der Vorsitzende Jörg Zehetner gleichzeitig in einem Großverfahren als Anwalt einen Mandanten mit Schadenersatzforderungen vertritt, wird in Expertenkreisen als unvereinbar gesehen.
Zu viele Häuptlinge?
Aus Wirtschaftskreisen kommt der Vorwurf, die BWB habe zu viele Führungskräfte, beinahe mehr Häuptlinge als Indianer.
Die Zahl der Beschäftigten habe sich in den letzten zehn Jahren auf 77 Mitarbeiter verdoppelt, das sei erforderlich gewesen, weil die Behörde unterbesetzt war, argumentiert eine Sprecherin gegenüber dem KURIER. Verglichen mit anderen europäischen Wettbewerbsbehörden habe die BWB nur halb so viele Abteilungen (sechs).
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