Rot und Schwarz tauschen Parlamentskutscher aus
Montag, 11.40: Der Wirtschaftsbund schickt eine Pressemeldung aus: „Präsident Christoph Leitl und Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer gratulieren Peter Haubner, der im Rahmen der heutigen konstituierenden Sitzung des ÖVP-Parlamentsklubs einstimmig als ÖVP-Klubobmann-Stellvertreter bestätigt wurde.“ Das Bemerkenswerte an dieser 0815-Aussendung: Sie wurde zwei Stunden und 20 Minuten vor der Sitzung ins Netz gestellt. Manche scheinen Wahlergebnisse voraussagen zu können.
Gewählt wurde am Montag mehrfach im roten und schwarzen Klub; da wie dort die Klubchefs, deren Vize – und der der jeweiligen Partei zustehende Nationalratspräsident. Endgültig gewählt werden die Präsidenten erst am Dienstag in der konstituierenden Sitzung des Nationalrats.
Reinhold Lopatka, der VP-Marathon-Mann
In der ÖVP gab es folgende Rochade: Den Gepflogenheiten nach einer Bundeswahl entsprechend, ließ sich der Parteichef zum Klubobmann küren. Michael Spindelegger bekam 93,15 Prozent Zuspruch. Fraktionsführer bleibt er aber nur so lange, bis die neue Koalition steht und er in die Regierung wechselt. Dann soll der jetzige EU-Staatssekretär Reinhold Lopatka Klubchef werden. Der bisherige Klubchef, Karlheinz Kopf, ist fortan Zweiter Nationalratspräsident (er folgt Fritz Neugebauer nach). Sein Wahlresultat war besser als das von Spindelegger: 95,74 Prozent der Fraktionskollegen stimmten für den Vorarlberger, der seit 19 Jahren im Hohen Hause sitzt. Neugebauer hatte vor fünf Jahren 100 Prozent erhalten. Bis zuletzt musste Kopf bangen, eine Gegenkandidatin zu bekommen. Maria Fekter hatte damit geliebäugelt, um nicht zur einfachen Abgeordneten degradiert zu werden. Finanzministerin wird sie ja nicht mehr; einen anderen Regierungsjob wird ihr Spindelegger nicht geben. Vergangenen Donnerstag hatten die ÖVP-Frauen kundgetan, Fekter als Anwärterin für das Präsidentenamt zu nominieren. Der Parteispitze missfiel das, sie wirkte auf ÖVP-Frauenchefin Dorothea Schittenhelm ein – und so wurde nichts daraus.
Zur Zukunft Fekters sagte Spindelegger am Montag nichts (auch sie schwieg). Dass alle hohen Posten mit Männern besetzt sind, sei kein Thema gewesen, beteuerte er. Wobei er anmerkte, sich mit Schittenhelm „darüber zu unterhalten“. Die hatte die Herrenlastigkeit ursprünglich bekrittelt.
In der SPÖ ging die Personalrochade wie üblich diszipliniert über die Bühne. Andreas Schieder, der Wunsch-Klubobmann von SPÖ-Chef Werner Faymann, wurde von 87,7 Prozent der roten Abgeordneten in der Klubvollversammlung gewählt. Davor hatte der Klubvorstand getagt. Dort wurde Schieder einstimmig vorgeschlagen, nachdem Cap selbst seinen Kandidaturverzicht „auf Wunsch des Bundeskanzlers“, wie er betonte, verkündet hatte.
Andreas Schieder im Porträt
Cap wurde nach mehr als zwölf Jahren an der Klubspitze auf Druck von Faymann abgelöst. Nicht alle Abgeordneten fanden es fair, dass Cap als einziger SPÖ-Politiker für das schlechte Wahlergebnis vom 29. September büßen muss. „Es gibt schon den einen oder anderen Protest“, sagt ein SPÖ-Abgeordneter.
Nach der Wahl im Klub lobte Faymann die „große Zustimmung“ zum „Wirtschafts- und Finanzfachmann“ Schieder. Cap werde am Parteiprogramm mitarbeiten, Vize-Klubchef bleiben und für die Nachwuchs-Schulung im Renner Institut zuständig sein. Er wolle „kein schlechtes Urteil “ über die Vergangenheit abgeben, sondern einen Generationenwechsel, befand Faymann. Schieder sagte, für ihn sei es „ein schöner Tag, ins Hohe Haus zurückzukehren“.
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