Rot-Blau: Nur mit Kammer-Garantie

Hand drauf? Eine Koalition mit der FPÖ würde Christian Kern und der SPÖ den Kanzler sichern
Wenn ÖGB, Kammern und Kassen unbeschadet bleiben, kann man sich in der SPÖ einen FPÖ-Pakt vorstellen.

Für gewöhnlich ist ein Treffen der FPÖ-Parteispitze in der Wiener Reichsratsstraße nichts, wofür sich Spitzenfunktionäre der SPÖ groß interessieren. Warum auch?

Doch es sind keine gewöhnlichen, sondern sensible Zeiten. Die ÖVP schickt sich an, eine Regierung zu bilden. Und weil dem so ist, wird im obersten Kreis der SPÖ diskutiert, was alles Dienstagabend in der FPÖ-Führung besprochen wurde.

Eine "Schnurre" verbreiten die Roten besonders gerne, und die geht so: Führende FPÖler, darunter Parteichef Strache höchstselbst, hätten intern gewichtige Gründe genannt, warum eine Koalition mit der SPÖ sinnvoller wäre als mit der ÖVP. Strache soll erklärt haben, die FPÖ müsse neben einer integrationskritischen ÖVP noch weiter nach rechts rücken, um sich abzuheben – was wiederum das Bild einer staatstragenden FPÖ störe.

Hat Strache derlei gesagt? Offiziell will das niemand in seinem Umfeld bestätigen.

Am Ende ist das fast schon egal. Viel wichtiger ist, dass führende SPÖ-Funktionäre die Erzählung weitertragen, weil sie offenbar darauf hoffen, dass es doch noch einen roten Kanzler gibt – vorausgesetzt, man koaliert mit der FPÖ.

Aber wie realistisch ist das? Gibt es tatsächlich eine Chance auf Rot-Blau?

Faktum ist: Die SPÖ hat einen aufrechten Bundesparteitagsbeschluss, der eine Koalition mit den Freiheitlichen ausschließt.

Faktum ist zudem: Die FPÖ fordert , dass die SPÖ den Beschluss aufhebt, bevor man mit ihr Koalitionsverhandlungen aufnimmt. Das "Problem" ist nur: In der SPÖ regt sich diesbezüglich nichts. Weder werden eine Mitgliederbefragung noch ein Parteitag vorbereitet, um den Anti-FPÖ-Beschluss zu revidieren.

Kammer-Garantie

Aus SPÖ-Kreisen, die einer rot-blauen Liaison prinzipiell positiv gegenüberstehen, wird gegenüber dem KURIER folgende Variante ins Spiel gebracht: Die FPÖ müsse unterschreiben, dass eine rot-blaue Koalition "nichts gegen die Sozialpartnerschaft, sprich ÖGB und Arbeiterkammer oder gegen die Sozialversicherung" unternehmen würde. Außerdem müsse die FPÖ eine pro-europäische Ausrichtung garantieren.

"Wenn die FPÖ diese Grundsätze unterschreibt, könnten wir eine Urabstimmung unter den Mitgliedern machen und fragen: ,Seid ihr für Rot-Blau, wenn diese Grundsätze eingehalten werden’?", heißt es etwa in der SPÖ-Burgenland. Doch selbst dort wird Rot-Blau inzwischen als eher unwahrscheinlich eingeschätzt.

Denn abgesehen davon, dass allfällige Verhandlungen mit der SPÖ alleine deshalb komplex wären, weil in der SPÖ die Jugend-Organisationen, Teile der Wiener SPÖ sowie Teil-Gewerkschaften "auf Linie" gebracht werden müssten, sprechen auch handfeste inhaltliche Differenzen dagegen: Die FPÖ fordert seit Jahren die Abschaffung der Pflichtmitgliedschaften in den Kammern sowie eine Zusammenlegung der Sozialversicherungen.

Die Frage ist nun: Warum sollte die FPÖ ausgerechnet jetzt, als Wahlsieger und Königsmacher bei den Koalitionsverhandlungen, plötzlich eine Bestandsgarantie für die Kammern abgeben?

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